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„Acceptable Ads“ sind Wegelagerei als Geschäftsmodell

Warum ein Adbocker-Verbot dennoch nichts hilft

Ralf Scharnhorst, Leiter Competence Circle Media-Management im Deutschen Marketing Verband Quelle: Ulrich Perrey Ralf Scharnhorst Leiter Competence Circle Media-Management Deutscher Marketing Verband 23.03.2017
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Für Ralf Scharnhorst gibt es einen ungeschriebenen Vertrag: "Der User bekommt den Inhalt kostenlos zu lesen und im Gegenzug Werbung angezeigt." Scharnhorst leitet den Competence Circle Media-Management im Deutschen Marketing Verband, seine Agentur Scharnhorst Media hat 2017 den Deutschen Mediapreis gewonnen.







Mehrere Verlagshäuser klagen gegen einen Adblocker-Anbieter, weil sie ihr Geschäftsmodel gefährdet sehen. Zurecht?
Ja. Die Argumentation der Verlage ist ein ungeschriebener Vertrag zwischen Leser und Publisher: der User bekommt den Inhalt kostenlos zu lesen und im Gegenzug Werbung angezeigt. Eine etwas andere Variante von „Geld oder Leben“ sozusagen: entweder man bezahlt den Inhalt mit Geld oder mit Zeit des Lebens bzw. Aufmerksamkeit.

Ich finde diesen unsichtbaren Vertrag legitim und nachvollziehbar. Die Verlage haben allerdings zwanzig Jahre nichts unternommen, ihn dem User zu erklären, sondern nur gejammert über den „Geburtsfehler des Internets“, dass Inhalte kostenlos verbreitet werden, die am Kiosk früher bezahlt wurden. Seit kurzem zeigen immer mehr Verlage Usern mit Adblockern in den freien Flächen ihre Argumentation.

In der Netzgemeinde wird - abseits der rechtlichen Bewertung – heftig über eine Funktion diskutiert, bei der ein Adblocker Werbung (u. U. gegen Provision) doch anzeigt. Wie bewerten Sie diese „Acceptable Ads“?
Absurd. Die große Frage für die Entwickler von Adblockern ist: womit können sie Geld verdienen? Wie schwer es ist, vom Nutzer Geld zu bekommen, haben sie genauso am eigenen Leib erfahren wie die Inhalte-Anbieter. Also zielen sie auch auf die Werbebudgets. Das Geschäftsmodell dabei ist Wegelagerei: manche Werbung lassen die Adblocker gegen Geld doch durch. Die Erpressung wird dadurch beschönigt, dass man Kriterien anlegt, wie Werbung aussehen soll, um den Nutzer weniger zu stören. Aus meiner Sicht ist es eine völlig absurde Idee. Aber es gibt Unternehmen, die Geld an Adblocker bezahlen, damit ihre Werbung Usern angezeigt wird, die explizit keine Werbung sehen wollen.

Befürworter von Adblockern halten Online-Werbung oft für zu aufdringlich. Inwieweit sind die Webseiten-Betreiber und Werbewirtschaft an der Popularität von Adblockern „selbst schuld“?
Das stimmt teilweise. Kurzfristig lassen sich die Einnahmen durch Werbung steigern, wenn man auf seiner Website weitere Werbeflächen hinzufügt. Viele Website-Betreiber überfrachten ihren Inhalt daher mit Werbung. Teilweise muss der User aktiv werden, die Werbung zu schließen, bevor er den Inhalt lesen kann. Beachtlich ist auch der Verbrauch von Prozessor- und Akkuleistung durch Werbung. Dadurch ist eine Gegenreaktion des Users natürlich. Hier haben die internationalen Verbände, insbesondere das IAB in den USA, versäumt, Standards und Empfehlungen herauszugeben.

In NRW gibt es einen Vorstoß für ein weitgehendes Verbot für Adblocker. Wie bewerten Sie das?
Eine bestimmte Software zu verbieten, halte ich weder für durchsetzbar noch für zielführend – gerade in diesem Bereich genießt das Verbotene ja einen besonderen Reiz. Ohne ein Experte in Rechtsfragen zu sein: ich finde es nachvollziehbar, wenn die durch Adblocker geschädigten Publisher alle Möglichkeiten ausloten, die das Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Kartellrecht bieten. Sollte einzelnen Adblockern die Weiterführung ihres Geschäftsmodells beziehungsweise Unternehmens in Deutschland untersagt werden, besteht das grundsätzliche Problem jedoch fort in allen weiteren Ländern. Das Thema Adblocker wird uns also noch lange beschäftigen.

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