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Agile Produktentwicklungen als Trend beim interaktiven E-Book

Wie der Erfolg in der Nische gesucht wird

Carmen Udina, Verkaufsleitung dtvDIGITAL Quelle: dtv Carmen Udina Verkaufsleitung dtvDIGITAL 22.02.2018
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Krampfhaft zu versuchen, alle Bedürfnisse mit einem Produkt abzudecken, wird zwangsläufig scheitern", sagt Carmen Udina von dtvDIGITAL mit Blick auf interaktive E-Books und Game-Anwendungen auf Readern. Sie berichtet von vielen erfolgreichen Produkten und sagt, worauf es am Markt ankommt.







Auf der Leipziger Buchmesse werden auch in diesem Jahr wieder eine ganze Reihe interaktiver E-Books vorgestellt. Inwieweit sind interaktive E-Books nun dabei, die Nische zu verlassen?
Die Nische zu verlassen ist nicht unbedingt das Ziel interaktiver eBooks. Ziel ist es, das Bedürfnis der Zielgruppe interaktiver eBooks noch mehr zu bedienen und dadurch innerhalb der Nische erfolgreicher zu werden. In der Vergangenheit haben Verlage versucht, sämtliche technisch möglichen Funktionalitäten in interaktive eBooks einzubauen, ohne jedoch zu hinterfragen, ob der Bedarf überhaupt besteht. Dieses Vorgehen hat sich inzwischen geändert, agile Produktentwicklungen sind Trend. Dazu gehört die Entwicklung neuer Funktionalitäten, die Integration des richtigen Zusatzcontents, Gamification etc.

Könnten zunehmende interaktive Elemente den im E-Book vergleichsweise schwachen Segmenten Sach- und Kinderbuch zu (digitalem) Wachstum verhelfen?
Speziell im Kinderbuch haben Verlage sehr gute Erfahrungen mit interaktiven Inhalten gemacht, jedoch nur, wenn sie in Kooperation mit den entsprechenden Vertriebspartnern entstanden sind, man also bereits den direkten Kontakt zur Zielgruppe hatte. Der Altersschwerpunkt liegt hier im Vorschulbereich und auf sehr bilderlastigen Büchern, die durch Animation der Illustrationen, Vorlesefunktionen, Rechtschreibübungen etc. Eltern unterstützen, ihre Kinder auf den Schulanfang vorzubereiten und ihnen so früh wie möglich die Freude am Lesen näherzubringen. Diese Ansprüche können aber nur bedingt durch eBooks abgedeckt werden, sondern eher durch Onlineservices, die mit Verlagsinhalten gespeist werden. Digitales Wachstum im Kinderbuch ist strategisch möglich – mit Betonung auf den Begriff „Digital“ und nicht auf den Begriff „eBook“.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Leser von Sach-eBooks andere Bedürfnisse haben. Sie benötigen keine interaktiven Funktionen, sondern vor allem den Zugang zu tiefergehenden Zusatzinformationen, filmischen Dokumentationen oder Recherchemöglichkeiten. Sach- und Fachbuchverlage entwickeln daher bereits Services, die zwar digital sind, aber keineswegs eBooks sein müssen. Das können Fachportale, Online-Communities oder auch spezielle Youtube-Channels sein.

E-Book-Reader sind für das Lesen von Texten optimiert – wie sollten die Geräte für mehr Interaktivität beschaffen sein?
Reine eReader sind nicht für interaktive Inhalte konzipiert, müssen es jedoch auch gar nicht sein. Man darf nicht vergessen, dass der größte Anteil an der eBook-Leserschaft Frauen ab 50 sind, denen es primär darauf ankommt, dass man die Schriftgröße verstellen kann. Ein großer Entwicklungsschritt von reinen eReadern wäre es bereits, wenn man Abbildungen farblich darstellen könnte, so dass Cover und Illustrationen in eBooks viel stärker wirken können. Viele Käufer entscheiden sich immer noch spontan nach dem Cover und Verlage investieren sehr viel Zeit und Mühe in die Gestaltung der richtigen Bildsprache.

Hier heben sich Smartphones und Tabletts angenehm ab, das Stöbern und Gamification-Funktionen werden häufiger unterstützt. Komplexe, mit Zusatzcontent versehene Inhalte in einem enhanced eBook anbieten zu wollen, übersteigt oft bereits die Speicherkapazität so mancher Reader. Hier bietet sich beispielsweise die Technologie „Books in Browsers“ an, die durch Apps auf Smartphones und Tabletts genutzt werden kann.

Im internationalen Vergleich gibt es in Deutschland nur wenige reine interaktive Spiel- oder Rätsel-Titel für E-Reader. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Auch hier liegt es an den unterschiedlichen Bedürfnissen der Zielgruppen in Deutschland. Gamer wollen Gamification und interaktive Elemente. Leser wollen lesen.

Das Angebot an interaktiven Spielen, die preiswert eine Strategie-, Rätsel- und Lesekomponente bieten, ist vielfältig. Warum sollte man (aus Sicht der Gamer) ein technisch beschränktes interaktives eBook mit ein wenig Spielecharakter anbieten, wenn es bereits weit bessere und günstigere Spieleapps gibt, inklusive Community? Und warum sollte man (wiederrum aus Sicht des Lesers) ein interaktives eBook anbieten, dessen Funktionen  den Lesefluss stören?

Beide Produkte haben ihre Berechtigung und ihre Zielgruppe. Und Verlage bieten für die jeweilige Zielgruppe die richtigen Produkte an. Krampfhaft zu versuchen, alle Bedürfnisse mit einem Produkt abzudecken, wird zwangsläufig scheitern.

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