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Algorithmen müssen durch unabhängige Stelle überwacht werden

Wie die bayerischen Grünen die Digitalisierung gestalten und Algorithmen ein ethisches Fundament geben wollen

Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende Bündnis90/Die Grünen im Bayerischen Landtag Quelle: Bündnis90/Die Grünen Katharina Schulze Fraktionsvorsitzende Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Bayerischen Landtag 11.07.2017
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Die Digitalisierung ist kein Naturgesetz, auf das wir als Gesellschaft keinerlei Einfluss haben. Ganz im Gegenteil. Gerade weil die digitale Vernetzung und der Einsatz von Algorithmen unseren Alltag verändern, müssen wir die Digitalisierung gestalten. Das ist eine der großen gesellschaftlichen Aufgaben der kommenden Jahre. Wichtig ist uns Grünen, dass die Privatwirtschaft, die die Digitalisierung maßgeblich vorantreibt und von ihr profitiert, sich ihrer Verantwortung bewusst ist. Insbesondere sind die Plattformbetreiber in die Pflicht zu nehmen. Den InformatikerInnen und SoftwareentwicklerInnen muss ihr Einfluss auf unseren Alltag bewusst sein. Die Politik hat die Entwicklung zu begleiten und Leitplanken einzuziehen, damit wir eine digitale Zukunft schaffen, die so wird, wie wir sie uns vorstellen.
 
Die Chancen, die der Einsatz von Algorithmen bietet, sind vielfältig und enorm. Die Effizienzgewinne werden auch der Umwelt zugutekommen, beispielsweise durch Optimierungen im Straßenverkehr. Aber diese neuen Möglichkeiten haben ihren Preis. Es darf nicht vergessen werden, dass wir digitale Dienste mit unseren Daten bezahlen. Auf der Grundlage dieser Daten erstellen Algorithmen personenbezogene Profile und treffen blitzschnelle Entscheidungen. Algorithmen bestimmen nicht nur darüber, was uns im Internet zum Kauf angeboten wird, sondern auch, ob wir kreditwürdig oder für ein Jobangebot geeignet sind. Diese Algorithmisierung unseres Lebens wirft wichtige, bislang unbeantwortete Fragen des Verbraucher- und des Datenschutzes aber auch der sozialen Gerechtigkeit auf. Es sind ethische Fragen, die wir für unser Zusammenleben beantworten müssen.
 
Digitalisierung im Sinne der Menschen zu gestalten heißt, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher befähigt werden müssen, die Tragweite von Algorithmen zu verstehen. Sie müssen informiert und beraten werden. Digitalisierungskompetenz für alle muss das Ziel sein. Dazu braucht es ein Mindestmaß an Transparenz und Aufklärung. Es muss überprüfbar sein, wer welche Algorithmen einsetzt. Das wird auf den erbitterten Widerstand vieler IT-Unternehmen führen, für die der geheime Algorithmus die Grundlage des Geschäftsmodells ist.
 
Vor allem braucht der Einsatz von Algorithmen unbedingt eine ethische Basis. Die Grundlage von automatisierten digitalen Entscheidungen dürfen nicht ausschließlich wirtschaftliche oder technische Kriterien sein. Diskriminierungen müssen in jedem Falle verhindert werden, beispielsweise bei der Bewerbung auf einen Job oder beim Abschluss von Versicherungen. Außerdem muss aus unserer Sicht sichergestellt werden, dass wichtige Entscheidungen letztendlich immer vom Menschen selbst getroffen werden. Um diese inhaltlichen Anforderungen durchzusetzen, müssen Algorithmen inhaltlich überprüft und evaluiert werden können. Diese Überwachung sollte durch eine unabhängige Stelle wahrgenommen werden. Das ist keine einfache Aufgabe. Die Besonderheiten der Digitalisierung, der äußerst dynamische und schnelle technische Fortschritt sowie die zunehmende Vernetzung, fordern hier neue Lösungsansätze.
 
Es geht aber nicht nur darum, Privatunternehmen zu überprüfen. Auch der Staat verwendet Algorithmen. Und auch hier braucht es wirksame Kontrollmöglichkeiten. Schon heute hat zum Beispiel die Polizei bei uns in Bayern eine Predictive-Policing-Software im Modellversuch zur Analyse und Vorhersage von Einbrüchen eingesetzt. Wir Grüne wollen, dass bei staatlichen Vorhaben stets genau geschaut wird, ob es sich um ein geeignetes Instrument handelt, wie der Datenschutz gewahrt wird und ob der “Datenhunger” der Behörden nicht noch größer wird. Uns muss immer bewusst sein: Wir gestalten die Rahmenbedingungen unseres Zusammenlebens in einer digitalen Welt.  

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