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DAB+ mit Schwächen im Auto

Warum der Rundfunk mit Internetdiensten gekoppelt werden muss

Andreas Erwig, Vice President Business Development and Business Operations, TomTom Traffic and Travel Information PU Quelle: TomTom Andreas Erwig Vice President TomTom 24.11.2016
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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Car-Infotainment Lösungen reflektieren unser Alltagsverhalten. Das sagt einer, der sich ganz besonders mit der Materie auskennt. Andreas Erwig, Vizepräsident vom Marktführer TomTom Traffic erwartet, dass auch im Auto die Alltagsrealität aus Spotify und Co. widergespiegelt wird. Gerade für die Verkehrssicherheit spielen rückkanälfähige Internetdienste eine große Rolle. Hierin liegt für Andreas Erwig auch die große Schwäches des Digitalradios DAB+. Zwar würden per DAB+ Informationen hervorragend verbreitet, jedoch können aufgrund des fehlenden Rückkanals keine Services erzeugt werden. Die naheliegende Lösung für das Auto wären intelligente Kopplungen aus Internet und Rundfunk.







Twittern, mailen, streamen – Carinfotainment-Systeme erobern das Auto. Wie erklären Sie sich diesen Megatrend?
WhattsApp, Facebook, Twitter und Mailprogramme haben unseren Alltag erobert, sie werden täglich in allen denkbaren Situationen genutzt. Manchmal ist das unangemessen oder sogar ärgerlich ( z.B. in Meetings), aber sie sind Bestandteil unseres Lebens geworden. CarInfotainment Lösungen reflektieren unser Alltagsverhalten. Vor dreißig Jahren waren Autos mit einem Radio und einem Kassettenrecorder ausgestattet, dann verschwand der Kassettenrecorder langsam und wurde durch einen CD Spieler ersetzt und der neueste Trend sind Festplatten-Media- oder eben Streaming-Lösungen. Nahezu alle Bereiche unseres Lebens sind inzwischen mit dem oder über das Internet verbunden. Wenn ich gar keine CD mehr besitze, weil ich Zuhause nur über Spotify Musik höre, dann erwarte ich das auch im Auto, einem Teil meiner Alltagsrealität. Der Trend ist also sozusagen eine natürliche Entwicklung und insofern nicht verwunderlich.

Welche Produkte und Services bieten Sie an?
TomTom ist vermutlich am besten bekannt für seine mobilen Navigationslösungen. Noch immer verbinden Menschen den Namen TomTom mit mobiler Navigation für das Auto. Es gibt sogar welche, die glauben, mobile Navigationsprodukte wären immer ein 'TomTom', so wie ein Papiertaschentuch immer ein Tempo ist, auch wenn es von einem Mitbewerber stammt. Neben den Navigationslösungen für Autos bieten wir Navigation für Motorräder und Roller an und es gibt einen ganz neuen Bereich von TomTom Produkten, die Freizeit und Sportgeräte, wie Pulsuhren, Golfuhren, Bewegungstracker, Actionskameras und dergleichen. Weniger bekannt ist TomTom für seine anderen Produkte. Wir liefern Telematic Lösungen und sind da weltweit ein großer Player, wir liefern weltweit digitale Karten, die die Grundlage zur Navigation darstellen und sind damit einer von zwei unabhängigen Anbietern. Wir liefern immer öfter unsere Navigationslogik an die Automobilindustrie und wir stellen Services bereit, die das Leben für den mobilen Menschen leichter machen. Real-time Verkehrsinformationen nicht nur für Autobahnen, sondern für das ganze Straßennetz, Parkinformationen on-street und off-street, Spritpreisinformationen, Informationen zu Blitzern (wo legal gestattet) und Wetterinformationen - das alles stellt TomTom bereit. 

Welche Branchentrends beobachten Sie derzeit?
Vor Jahren, als wir unsere Navigationsgeräte mit einem Kommunikationsmodul via Mobilfunk ausgestattet haben, sind wir verlacht worden. Heute ist das ein Trend, der aus der Automobilindustrie nicht mehr wegzudenken ist. Fahrzeuge sind immer häufiger 'connected' und beziehen ihre Informationen über Mobilfunk. Sie stellen gleichzeitig nicht nur mehr die 'Verbraucher' dar, sondern dienen immer öfter auch als Quellen für Daten, die moderne Services erst ermöglichen. Dieser Trend ist notwendig, um die Services zu ermöglichen, die uns über autonomes Fahren reden lassen. Genaueste und neueste Karten, real time Verkehrsinformationen, Parkinformationen, aber auch Sicherheitsfeatures wie der e-call, all das wird über 'connected' cars erst möglich. Ebenso die bereits erwähnten Streaming Dienste und Austausch zwischen Fahrzeugen und Fahrern, all das erfordert Vernetzung und machen unser Leben einfacher, komfortabler und vor allem sicherer. Es werden in den kommenden Jahren immer mehr Fahrzeuge vernetzt werden. 

Bleiben künftig auch rundfunkbasierte Technologien, wie DAB+ oder DVB-T2, integraler Bestandteil von Infotainmentsystemen oder werden diese über kurz oder lang vom Internet verdrängt?
Technisch gesehen sind digitale Rundfunksysteme zur Verbreitung von Informationen hoch geeignet. Ihre hohe Verfügbarkeit und Abdeckung machen sie zur Verbreitung von sicherheitsrelevanten Information, wie zum Beispiel das harte Stauende und den Geisterfahrer, besonders geeignet. Die zur Verfügung stehenden Bandbreiten ermöglichen die Übertragung von qualitativ hochwertiger Musik und wer schon einen DAB Empfänger im Auto hat, hört die fantastische Tonqualität täglich. Aber ihre größte Stärke, der sogenannte 'one to many' Ansatz ist auch gleichzeitig die größte Schwäche, es handelt sich nämlich um eine Einbahnstraße. Es gibt und das ist entscheidend, keinen Rückkanal. Viele Services und real Time Verkehrsinformationen seien hier als Beispiel genannt, brauchen Roh-Daten und die müssen irgendwie gesammelt werden, es braucht also einen Rückkanal. Da der nicht vorhanden ist bei DAB+ oder DVB-T2, eignen sich diese Übertragungskanäle zwar zur Verbreitung der Informationen, nicht aber zur Erzeugung der Services. Ich kann mir mittelfristig eine Kooperation von digitalem Radio und Serviceanbietern gut vorstellen, aber langfristig glaube ich an die Stärke von zwei Wege Kommunikation. Gerade die ambitionierten Pläne der Automobilindustrie, autonom fahren zu wollen, sind davon abhängig. Hinzu kommt der klare Trend zur Individualisierung. Immer mehr Menschen hören immer individuellere Programme. Es lassen sich zwar noch immer Programme schaffen, die eine Mehrheit zufrieden stellt, aber langfristig wird das individuelle Bedürfnis nur über individuelle Angebote zu befriedigen sein. 

Worin bestehen die Herausforderungen in Bezug auf die kommenden Elektromobilität?
Die Herausforderungen in Bezug auf Elektromobilität sind komplex und vielfältig, aber für den Einstieg einfach zu benennen. Erinnern wir uns an den Siegeszug der Glühlampe. Sie wurde als technisches Konzept nahezu zeitgleich von mehren Erfindern realisiert. Wirklich erfolgreich damit war jedoch nur Thomas Alva Edison. Es ging in seinem Fall weniger um die Bereitstellung der Glühlampe an sich, sondern er fasste das Problem der Stromerzeugung und Stromverteilung an und ermöglichte so die reale Nutzung der Glühlampe als Lichtquelle auf breiter Basis. Übertragen auf die Elektromobilität kann man ohne zu Lügen festhalten, dass nahezu alle Automobilhersteller in der Lage sind heute Elektroautos herzustellen. Jedoch scheitert ihr Siegeszug vor allem an der Reichweite der Fahrzeuge und ihrer Versorgung mit Strom, also dem Ladesystem. Verbrennungsmotoren finden den benötigten Treibstoff nahezu überall an Tankstellen, die sehr gut verbreitet im Land zu finden sind. Ein vergleichbares Netz an Stromladestationen, einheitliche Ladestecker und Zahlungsmöglichkeiten sind Voraussetzung dafür, dass Elektromobile akzeptiert und verbreitet werden. In Kombination mit akzeptablen Reichweiten (und reale Reichweiten von weniger als 200km sind nicht akzeptabel) kann der Erfolg gelingen. CarEntertainment Lösungen sind schlicht zusätzliche Verbraucher im Auto. Die Stromversorgung von Eletromobilen muss so leistungsfähig sein, dass die Entertainment Lösungen funktionieren und nicht das Auto nach 100km zum Stillstand bringen.

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