Menue-Button
Interview

„Das wortorientierte Radio wird der Gewinner sein“

Deutschlandradio-Intendant Ernst Elitz blickt digitaler Zukunft optimistisch entgegen

Deutschlandradio-Intendant Ernst Elitz Quelle: 31.08.2007

Meinungsbarometer: Herr Professor Elitz, der Wettbewerb um digitale Frequenzen und um Mediennutzer wird härter. Welche Chance geben Sie der Gattung Radio in der neuen Medienwelt?

Ernst Elitz: Das Radio als das traditionelle Überall-Medium wird seinen Stellenwert in der neuen Medienwelt behalten. Es wird nach wie vor junge und alte Mediennutzer geben, die mit einem Knopfdruck Musik, Hörspiele oder Nachrichten hören wollen, um sich abzulenken, um sich zu informieren oder um ein Kunstereignis zu genießen. Dennoch kann man nicht alle Radioangebote über einen Kamm scheren. Das Musikradio wird es schwerer haben. Radio ist nicht mehr der bevorzugte Provider für Musikangebote. Das wortorientierte content-Radio wird der Gewinner sein. Nicht nur im Livestream, sondern als Podcast oder audio on demand wird es seine Inhalte in viel stärkerem Maß als bisher für eine zeit- und ortssouveräne Nutzung anbieten.

Wie wird sich Deutschlandradio aufstellen, um in diesem Wettbewerb zu bestehen?

Inzwischen bieten wir mit großem Erfolg 75 Podcasts einzelner Sendungen an. Schwerpunktthemen sind Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft. In Vorbereitung sind umfangreiche sendungsübergreifende, thematische Podcasts. Unser Internet-Angebot wird interessanterweise nicht nur von unserer Kernzielgruppe, den vorrangig Informations- und Kulturinteressierten genutzt, sondern auch von jungen Leuten. Und das, weil wir Information und Hintergrund ohne jeden Schnickschnack anbieten und unser Markenprofil journalistischer Unabhängigkeit – ohne Werbung und ohne Sponsoring – auch ins Netz übertragen. Dass wir mit www.dradio.de auch bei den Jungen ankommen, belegt das Ergebnis eines Benchmarkings der Süddeutschen Zeitung. Sicher wird es bei uns auch Bewegtbild geben, aber sicher nicht von uns selbst produziert. Schließlich sind wir eine Körperschaft von ARD und ZDF. Und da ist hinreichend Bild-content vorhanden.

Wird es den klassischen Beruf des Radioreporters künftig noch geben?

Sicher werden junge Journalisten sich im Laufe ihres Berufslebens auf ein oder zwei Medien konzentrieren. Aber derjenige, der heute sagt, ich will bis an mein Lebensende Radioreporter sein, der ist schief gewickelt. Wer heute bestehen will, muss in allen Medien professionelle Arbeit abliefern können. Er muss einen von ihm recherchierten content auf vielen Wegen attraktiv für den Nutzer aufbereiten.

Mit welchem Gefühl beobachten Sie die Bestrebungen von Programmveranstaltern nach bundesweiten Hörfunkangeboten?

Die Politik hat eine von der Öffentlichkeit nachvollzogene Entscheidung getroffen: Die 64 Hörfunkprogramme der ARD sind genug. Wenn neue dazu kommen, dann nur unter Verzicht auf schon Bestehendes. Das ist die eine Seite. Die andere: Bei der Gründung des Deutschlandradios 1994 hat die Politik eine medienpolitische Grundsatzentscheidung getroffen. Bundesweite Hörfunkprogramme, auf die damals auch das ZDF Anspruch erhob, werden um des medienpolitischen Gleichgewichts willen, nicht bei der ARD angesiedelt, sondern beim Nationalen Hörfunk Deutschlandradio. Deshalb hat der Nationale Hörfunk als einziges öffentlich-rechtliches Medienunternehmen die Ermächtigung zur Ausstrahlung bundesweiter Programme. Natürlich bieten wir der ARD an, auf dieser Rechtsgrundlage mit uns zu kooperieren. Private Anbieter werden sich mit nationalen Programmen zweifellos auf Entertainment und Musik konzentrieren.

Wie beurteilen Sie den Vorstoß, die Einführung von Digital Radio in Deutschland durch DAB+ beschleunigen zu wollen?

Das ist auch unsere Linie. DAB ist keine Sackgasse, sondern ermöglicht die Entwicklung neuer Standards. Und mit Blick auf den Verbraucher werden Geräte nach dem MPEG-4-Standard auch abwärts kompatibel sein und DAB-Programme auf einem niedrigen Standard empfangen können. Aber genauso wie es auf absehbare Zeit analogen Rundfunk geben wird, wird es auf absehbare Zeit auch DAB im MPEG-2-Verfahren geben. Wer solche Geräte gekauft hat, darf nicht gezwungen werden, sie auf den Schrottplatz zu bringen. Künftig zu produzierende Geräte müssen über ein Software-Update jeweils für neue Standards fit gemacht werden können. Das ist die Industrie den Verbrauchern schuldig.

UNSER NEWSLETTER

Newsletter bestellen JETZT BESTELLEN

■■■ DIESE FACHDEBATTEN KÖNNTEN SIE AUCH INTERESSIEREN

Uwe Rempe

INITIATOR
Uwe Rempe
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info

Dipl.- Journ. Thomas Barthel

INITIATOR
Dipl.- Journ. Thomas Barthel
Founder & Herausgeber
Meinungsbarometer.info

Simone Ulrich

INITIATORIN
Simone Ulrich
Freie Journalistin
Meinungsbarometer.info

ÜBER UNSERE FACHDEBATTEN

Meinungsbarometer.info ist die Plattform für Fachdebatten in der digitalen Welt. Unsere Fachdebatten vernetzen Meinungen, Wissen & Köpfe und richten sich an Entscheider auf allen Fach- und Führungsebenen. Unsere Fachdebatten vereinen die hellsten Köpfe, die sich in herausragender Weise mit den drängendsten Fragen unserer Zeit auseinandersetzen.

überparteilich, branchenübergreifend, interdisziplinär

Unsere Fachdebatten fördern Wissensaustausch, Meinungsbildung sowie Entscheidungsfindung in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Gesellschaft. Sie stehen für neue Erkenntnisse aus unterschiedlichen Perspektiven. Mit unseren Fachdebatten wollen wir den respektvollen Austausch von Argumenten auf Augenhöhe ermöglichen - faktenbasiert, in gegenseitiger Wertschätzung und ohne Ausklammerung kontroverser Meinungen.

kompetent, konstruktiv, reichweitenstark

Bei uns debattieren Spitzenpolitiker aus ganz Europa, Führungskräfte der Wirtschaft, namhafte Wissenschaftler, Top-Entscheider der Medienbranche, Vordenker aus allen gesellschaftlichen Bereichen sowie internationale und nationale Fachjournalisten. Wir haben bereits mehr als 600 Fachdebatten mit über 20 Millionen Teilnahmen online abgewickelt.

nachhaltig und budgetschonend

Mit unseren Fachdebatten setzen wir auf Nachhaltigkeit. Unsere Fachdebatten schonen nicht nur Umwelt und Klima, sondern auch das eigene Budget. Sie helfen, aufwendige Veranstaltungen und überflüssige Geschäftsreisen zu reduzieren – und trotzdem die angestrebten Kommunikationsziele zu erreichen.

mehr als nur ein Tweet

Unsere Fachdebatten sind mehr als nur ein flüchtiger Tweet, ein oberflächlicher Post oder ein eifriger Klick auf den Gefällt-mir-Button. Im Zeitalter von X (ehemals Twitter), Facebook & Co. und der zunehmenden Verkürzung, Verkümmerung und Verrohung von Sprache wollen wir ein Zeichen setzen für die Entwicklung einer neuen Debattenkultur im Internet. Wir wollen das gesamte Potential von Sprache nutzen, verständlich und respektvoll miteinander zu kommunizieren.