Diesel-Skandal, selbstfahrende Autos von Start-Ups, künftige Verbrennungsmotoren-Verbote in verschiedenen Ländern - die deutsche Autoindustrie steht unter starkem Druck. Wo ist die sprichwörtliche deutsche Innovationskraft geblieben?
Die deutschen Herstellenden haben gezeigt, dass sie auch bei alternativen Antrieben, automatisiertem Fahren oder neuen Mobilitätsangeboten vorne dabei sind. Ich hoffe, dass der Abgasskandal in den Führungsetagen dafür sorgt verstärkt auf alternative Antriebe zu setzen. Die Automobilindustrie sollte auch den Aufbau einer eigenen Batterie- und Zellproduktion in Deutschland auf den Weg bringen, um das Wissen in unserem Land zu bündeln und nicht auf ausländische Zulieferer angewiesen zu sein. Jedoch hat zum Beispiel DHL aufgrund der abweisenden Haltung der Automobilherstellenden ein eigenes leichtes Nutzfahrzeug mit Elektroantrieb entwickelt und die Firma Twintec das erreicht, was die Industrie als zu langwierig abgelehnt hat: eine Hardwarelösung zur deutlichen Reduktion von NOx bei Altfahrzeugen.
Welche Zukunft hat der Individual-Verkehr angesichts von Klimawandel und Umweltproblemen überhaupt?
Gerade in ländlichen Räumen, dazu zähle ich zum Beispiel meinen Wahlkreis Celle/ Uelzen, werden wir auch noch längere Zeit den Individualverkehr benötigen. In den Ballungsgebieten dagegen bestehen umfangreichere Alternativangebote, die den Verzicht auf ein eigenes Auto erleichtern. Wichtig ist, dass wir den motorisierten Individualverkehr auf alternative Antriebe umstellen.
In der Vergangenheit – etwa bei der Einführung der Katalysatoren – hat die Politik einen Technologiewandel massiv unterstützt. Wie kann und sollte die Politik in künftigen Strukturwandel der Autoindustrie eingreifen?
Zuerst ist die Automobilindustrie am Zug die versprochenen Softwareupdates für die Dieselfahrzeuge mit den Normen Euro 5 und Euro 6 schnellstens aufzuspielen. Darüber hinaus sind Nachrüstungen älterer Dieselfahrzeuge in den nächsten Monaten von den Herstellenden und dem Bundesverkehrsministerium unabhängig voneinander zu prüfen und entsprechende Lösungen, wie z. B. die der Firma Twintec, darzustellen. Die Kosten dafür dürfen nicht auf die Fahrzeughaltenden abgewälzt werden. Unabhängig vom Abgasskandal unterstützen wir das Gelingen eines Strukturwandels in der Automobilbranche mit vielen Maßnahmen, zu nennen sind hier die Förderung des Ausbaus der Tank- und Ladeinfrastruktur für alternative Antriebe, die Kaufprämie für Elektrofahrzeuge oder auch die Einrichtung von digitalen Testfeldern für das automatisierte Fahren.
Millionen Besitzer von Diesel-Autos müssen sich vermutlich auf Fahrverbote einstellen – wer sollte die Diesel-Fahrer wie entschädigen?
Wir wollen Fahrverbote vermeiden, das bleibt weiterhin unser Ziel. Dafür war der Dieselgipfel aber nur ein erster Schritt. Wir benötigen weitergehende Maßnahmen, um die Fahrzeughaltenden, die ihre Diesel-PKW in gutem Glauben gekauft haben, vor ungerechten Fahrverboten zu bewahren und natürlich auch um die Stickstoffoxid-Emissionen in den belasteten Gebieten deutlich zu reduzieren. Hierzu hat der SPD-Parteivorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz sehr gute Vorschläge in seinem 5-Punkte-Plan zur Zukunft des Automobilstandortes Deutschland gemacht. So ist es zum Beispiel wichtig, dass wir die kommunalen Bus-, Nutzfahrzeug- und Taxiflotten umrüsten bzw. auf elektrische Antriebe umstellen. Dafür wollen wir entsprechende Fördermittel zur Verfügung stellen.