In Schweden hat sich das Parlament gegen den Umstieg auf DAB+ ausgesprochen. Was bedeutet das für die Radioverbreitung in Europa?
Das ist so nicht ganz richtig. Eine Kommission des Parlamentes hat sich mit einem Bericht des - wir würden sagen - „Rechnungshofes“ befasst. Es wurde dann am 3. Februar im Parlament festgestellt, dass es bei einem Beschluss vom Juni 2015 bleibt, wonach Schweden den Umstieg auf DAB+ nicht aktiv forcieren wird. Es wurde jedoch auch festgehalten, dass man die Entwicklung bei den europäischen Partnern, insbesondere beim Nachbarn Norwegen, aufmerksam beobachtet und sich mit der DAB-Frage zu einem späteren Zeitpunkt erneut befasst. Das heißt in Konsequenz: Der schwedische nationale Rundfunk kann seine DAB+ Ausbaupläne derzeit nicht fortsetzen. Doch da Norwegen 2017 aus UKW aussteigen wird, biete ich jede Wette, dass Schweden spätestens Ende 2017 das Thema erneut aufrufen muss. Auch die Entwicklung im übrigen Europa schreitet voran.
Welche Möglichkeiten bleiben den europäischen Institutionen, auf einheitliche Standards für die Radioverbreitung in Europa hinzuwirken?
Die Europäische Union kann Fragen technischer Standards als Empfehlung an die nationalen Gesetzgeber weitergeben, unabhängig von der Lage in Schweden. Technische Entwicklungen zielen nicht auf Nationalstaaten, sondern erfordern supranationale Verabredungen. Schon lange entwickelt z.B. kein Automobilhersteller mehr seine Fahrzeuge nur für den Heimatmarkt, sondern für ganze Vertriebsregionen. Dies lässt sich auch auf Hersteller von Rundfunkempfängern mit DAB+ übertragen.
In Schweden soll Radio vornehmlich über (mobiles) Internet und über UKW versendet werden. Ein guter Weg?
Viel Vergnügen, in einem großen Flächenland Radio über mobiles Internet verbreiten zu wollen. Vor allem über 3G und 4G! Ich habe den Schweden keine Lektionen zu erteilen, aber hat da einer wirklich gerechnet? Die Infrastruktur-Kosten wären im Vergleich zu DAB+ exorbitant.
Nach Medienberichten erfolgte der Beschluss des schwedischen Parlamentes, nachdem der Rechnungshof die digitale Verbreitung als zu teuer befunden hat. Ist der DAB+ Umstieg europaweit finanzierbar?
Der Umstieg kostet beim Netzaufbau, klar. Aber auch ein laufendes UKW-Netz erfordert Erhaltungsinvestitionen. Der DAB+-Betrieb ist um mindestens 30 Prozent günstiger als UKW. Mittelfristig rechnet sich das also. Bleibt natürlich die Frage, wie lange man DAB+ und UKW parallel im Simulcast betreibt. Der DAB-Umstieg ist selbstverständlich europaweit finanzierbar, wenn der politische Wille dazu besteht. Beim Fernsehen war es so. Warum nicht beim Radio?