Mit dem neuen Audio-Feature „Stasiverhöre“ geht Deutschlandradio neue Wege. Was steckt hinter dem Projekt?
Das Projekt „Manipulierte Geständnisse“ von Deutschlandradio Kultur umfasst zwei Radiofeature und eine Virtual Reality-App. Durch die Kombination der beiden Formate werden psychologische Methoden bei historischen und aktuellen Vernehmungen erfahrbar gemacht. Mit Virtual Reality hat man die Möglichkeit, journalistische Quellen und Archive anders zugänglich zu machen. Durch das Gefühl vor Ort zu sein, erschließen sich historische Ereignisse sehr subjektiv und unmittelbar. Die Audios beruhen auf Original-Verhören, die nach umfangreicher Recherche bei der Behörde des Bundesbeauftragten für Unterlagen der Staatsicherheit ausgewählt wurden.
Erleben wir mit den genannten 360Grad-Produktionen die Geburtsstunde einer neuen Darstellungsform für den Radiojournalismus?
Die Verortung von Audio im Raum ist ja nicht neu. Die Technik der binauralen oder Kunstkopf-Stereophonie nutzt man schon seit den 1970er Jahren. In Computerspielen oder Virtual Reality erlebt das 3D Audio eine Renaissance, wo die Kompetenzen von Radioleuten gefragt sind.
VR und 360-Grad-Inhalte sind aktuell auf Online-Angeboten, wie YouTube sehr erfolgreich. Kommt das Radio in Bezug auf 360Grad-Videos nicht schon zu spät? Wie lässt sich ggf. der Rückstand aufholen oder sollten 360Grad-Inhalte auf das Netz und die Smartphonewelt beschränkt bleiben?
Die Analyse der Verhörmethoden ist als zweiteilige Sendung im Netz nachhörbar. Die Aufbereitung eines Originalverhöres in VR ist ein zusätzlicher Weg, das zeitgeschichtliche Dokument auch einem anderen Publikum zugänglich zu machen. Online-Plattformen und Hardware sind einem permanenten Wandel unterworfen, aber akustische Erzählformen und die Besonderheit der Audioebene sind in fast allen Medien bedeutsam.
Aktuell sind 360Grad-Inhalte nicht über klassische Radioempfangsgeräte (UKW, DAB+, WLAN-Radio) empfangbar. Wie problematisch ist das für Nutzer außerhalb der Smartphonegemeinde und gibt es ggf. Abhilfe, wie auch der klassische Radiohörer neue innovative Programmkonzepte empfangen kann?
Qualitative Inhalte sollten möglichst auf vielen Plattformen und Kanälen stattfinden, weil dort auch unser Publikum ist. Programmliche Innovation bezieht sich beim Deutschlandradio aber nie nur auf die Art der Verbreitung, sondern vor allem auf den inhaltlichen Zugang.
Welchen Innovationsgeist können wir künftig vom DRadio erwarten? Wohin geht die Reise im Hörfunkjournalismus?
Wir haben uns eine Menge vorgenommen. Unsere drei Programmen, die ab Mai noch leichter unter den Namen „Deutschlandfunk“, „Deutschlandfunk Kultur“ und „Deutschlandfunk Nova“ auffindbar sind, entwickeln laufend neue Ideen und Projekte, um Radioprogramme auch für die Generation der Digital Natives zu produzieren. Der Hörspielthriller "Blowback" von Deutschlandradio Kultur verbindet zum Beispiel klassisches Hörspiel mit einem Handy-Game und wurde auf den New York Festivals in der Kategorie Best Innovation ausgezeichnet. Der Deutschlandfunk hat auf dem Kölner Kongress neue Formen des Erzählens in den Medien beleuchtet. Die Möglichkeiten für kreative Radiomacher sind heute so umfangreich wie nie, diese Chancen wollen wir beim Deutschlandradio nutzen.