Umfeldradar und Datenbrille: Radler können ihren Drahtesel mittlerweile technisch aufrüsten. Was ist von Fahrerassistenzsystemen beim Fahrrad zu halten?
Ich halte nichts davon: Um Radfahrer*innen besser zu schützen und diese umweltfreundliche Mobilität zu unterstützen, muss die Vormacht des Autoverkehrs zurückgedrängt werden – zu Gunsten guter Fahrradbahnen. Fahrradradar ist defensiv. Notwendig ist aber eine Offensive für die sozialökologischen Verkehrswende – mit bestens ausgebauter Infrastruktur für diejenigen, die zu Fuß gehen und Fahrrad fahren. Dazu gehört geschützte Vorfahrt genauso, wie grüne Welle oder sinnvolle Leitsysteme für grüne Wege oder Radschnellwege.
Wie bewerten Sie Nutzen und Risiken von digitalen Assistenzsystemen für den Straßenverkehr?
Eine wesentliche Qualität beim Fahrradfahren ist das unmittelbare Wahrnehmen der Umgebung. Datenbrillen würden die Fahrer*innen noch mehr abschotten, als es Kopfhörer schon tun – die wache Aufmerksamkeit für die anderen Verkehrsteilnehmer leidet darunter. Den Nutzen hätten die IT-Konzerne, die solche Technologien verkaufen, zu Lasten der Rücksichtnahme und Aufmerksamkeit im öffentlichen Raum.
Inwieweit besteht politischer Regulierungsbedarf in Bezug auf digitale Services, wie Datenvernetzung etc.?
Entscheidend ist, dass die gesammelten Daten nicht gespeichert werden und dass es keine Weitergabe oder kommerzielle Nutzung geben darf, wenn die Nutzer*innen dem nicht explizit zustimmen.
Welche Rolle sollte das Fahrrad künftig bei der städtischen Mobilität spielen und welche Chancen ergeben sich daraus für den Stadtraum der Zukunft?
Für Klimaschutz und „Decarbonisierung“, aber auch für mehr Lebensqualität und soziale Teilhabe muss die städtische Mobilität grundlegend verändert werden. Das Fahrrad – als effektivstes Verkehrsmittel – gehört ins Zentrum, zusammen mit dem öffentlichen Nahverkehr. Das gilt auch für den Transport von Gütern, der zu erheblichem Anteil mit Elektro-Lastenrädern abgewickelt werden könnte. Quartiere, die vom motorisierten Auto-(und LKW-)Verkehr befreit werden, sind heute schon attraktiv und sehr begehrt. Der Umbau gelingt nur, wenn die vom Auto- und LKW-Verkehr dominierten Flächen reduziert und umgewidmet werden. Mehr Radverkehr und besserer ÖPNV muss als echte Alternative zum MIV entwickelt werden und nicht als „Ergänzung.