Auf der Internationalen Funkausstellung (IFA) äußerten sich Protagonisten der Medienbranche ganz unterschiedlich zu Digital Radio. So sprach der stellvertretende ARD-Vorsitzende Fritz Raff – angesichts der Weigerung der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) 42 Millionen Euro für den Ausbau von Digital Radio freizugeben – von einer „tiefen Ratlosigkeit“ bei ARD und Deutschlandradio. „Die ARD berät zwar über einen neuen Antrag bei der KEF. Doch der Weg für Digital Radio bleibt steinig und wird uns weiter beschäftigen“, schätzte Raff ein.
In einem Pressegespräch der Initiative Marketing Digital Radio (IMDR) appellierte Helwin Lesch, Leiter Programm-Distribution des Bayerischen Rundfunks, an die KEF, das k.o.- Kriterium „Konsenz mit privaten Veranstaltern“ zu überdenken. Wie schon bei UKW sollten die Öffentlich-Rechtlichen den Privaten vorangehen und den Markt bereiten. „Mit einem Neuantrag unter bereinigten Bedingungen könnten Optionen erhalten und bisherige Investitionen geschützt werden.“
Dass der Bayerische Rundfunk gerade in dieser kritischen Phase gemeinsam mit Pure Digital und Electronic Partner die bislang größte Marketing-Kampagne für Digital Radio gestartet hat, ist für Lesch kein Widerspruch: „Im Gegensatz zu Großbritannien, Dänemark und der Schweiz müssen in Deutschlands föderalen Strukturen viele Entscheider übereinkommen. Mit unseren Erfolgen wollen wir die Pessimisten überzeugen.“
Auch habe die Kooperation mit dem Marktführer Pure Digital und Electronic Partner, einem der Top-Fünf der Branche in Europa, Interesse bei anderen ARD-Anstalten ausgelöst, so Lesch. Die Erfahrung in Bayern zeige, dass neue digitale Programme von den Hörern nachgefragt und angenommen würden, selbst von der Altersgruppe 50+. Dass der Global Player Pure Digital an einen Erfolg von Digital Radio auch auf dem deutschen Markt glaubt, bestätigte Ralf Reynolds, Sales und Marketing Manager bei Pure: „Unsere 19 Radiomodelle sind alle Mehrnormgeräte, die DAB, DAB+, DMB-R und UKW unterstützen. Das Argument ‚zu teuer‘ gilt auch nicht mehr – Pure-Geräte gibt es schon ab 69 Euro. Jetzt brauchen wir einen Fahrplan, wann Digital Radio in Deutschland eingeführt wird.“
Michael Richter, Vorstandsvorsitzender der IMDR, erinnerte daran, dass seine Initiative bereits klare Handlungsempfehlungen an die Politik formuliert habe. Und er bekräftigte, dass Sendernetzbetreiber und andere Lobbyisten über das indifferente Verhalten der Politik verärgert sind. „Auf Anfrage beim Bundeswirtschaftsministerium hieß es lapidar: ‚Wir befinden uns im Wahlkampf. Der Markt wird das schon richten‘.“
Richter führte an, dass bereits im März alle Bundesländer den Bedarf nach einer bundesweiten DAB-Versorgung festgestellt und die Bundesnetzagentur um Ausschreibung für einen Sendernetzbetreiber gebeten haben. In Bayern und Sachsen-Anhalt laufe die Suche nach Netzbetreibern bereits. Als nächsten Schritt kündigte er die medienrechtliche Ausschreibung an: „Dann wird sich zeigen, ob die privaten Veranstalter bei Digital Radio mitziehen.“