In der Politik wird unter dem Schlagwort Robotersteuer über Abgaben auf die Erträge von IT-Systemen diskutiert. Wie stehen Sie dazu?
Die Wertschöpfung verändert sich im Wesentlichen durch digitale Netzwerke und Plattformen. Hier liegen die großen Herausforderungen für die Beschäftigungsperspektiven. Entscheidend ist, dass wir den digitalen Wandel gemeinsam meistern. Dafür brauchen wir vor allem Investitionen in Bildung und Qualifizierung. Auch deshalb ist es so wichtig, dass Unternehmensgewinne und Kapitaleinkünfte, aber auch Vermögen und Erbschaften anständig besteuert werden.
Studien prophezeien, dass viele Arbeitsplätze durch die Digitalisierung wegfallen. Wie sollen Staat und Sozialsysteme in diesem Fall finanziert werden?
Bei diesen Studien handelt es sich lediglich um Prognosen von zum Teil zweifelhafter Qualität. Dabei gibt es unterschiedlichste Szenarien, die zwar medienwirksam sein mögen, aber wenig überzeugend sind. Da wir es mit einem Strukturwandel in Richtung Netzwerkökonomie mit völlig neuen Geschäftsmodellen und digitalen Ökosystemen zu tun haben, ist eher mit Verschiebungen in der Beschäftigungsstruktur zu rechnen. Der digitale Wandel ist aber ein Prozess, den es offensiv politisch zu gestalten gilt. Die digitale Wirtschaft, insbesondere die Plattformarbeit braucht einen Ordnungsrahmen. Andere zentrale Themen sind Datensicherheit und Beschäftigtendatenschutz, Qualifizierung, Flexibilität und Mitbestimmung. Schließlich muss der digitale Wandel Akzeptanz in den Unternehmen und bei den Beschäftigten finden. So gibt es auch ,Studien', nach denen die Digitalisierung zu mehr Beschäftigung führt - aber auch das sind Prognosen.
Der Staat fördert Innovation und technologischen Fortschritt und damit die Prozesse, die zu Arbeitsplatz-Abbau führen. Wie sinnvoll ist es, etwas gleichzeitig zu fördern und zu besteuern?
Deutschland ist zurzeit ein Experimentierfeld für Industrie 4.0 und den gesamten digitalen Wandel. Es geht dabei nicht um die Förderung von Automatisierungsprozessen, sondern um das Verhältnis von Mensch und Technik, um die so genannte Mensch-Maschine-Interaktion oder Mensch-Roboter-Kollaboration. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften haben mit dafür gesorgt, dass ein großes Arbeitsforschungsprogramm aufgelegt worden ist, bei dem der Mensch und die Arbeit in einer digitalisierten Wirtschaft im Zentrum stehen. Dabei geht es darum, sozio-technische Arbeitssysteme zu entwickeln, bei denen der Mensch die Maschinen steuert und nicht umgekehrt. Schließlich hat die Digitalisierung auch ein großes Potenzial für eine Humanisierung der Arbeit, also für ein Update bei den Arbeitsbedingungen. Nur geht das nicht von selbst - deshalb ist die politische Flankierung so wichtig. Wichtig ist auch, dass nicht an anderer Stelle Geschäftsmodelle gefördert werden, die zu Arbeitsplatzabbau oder einer Prekarisierung führen.
Die Digitalisierung ist ein globales Phänomen. Lässt sich sie Finanzierung von Staat und Sozialsysteme künftig überhaupt noch mit nationalen Einzellösungen sichern?
Die Globalisierung wird durch die Digitalisierung weiter beschleunigt. Die Auswirkungen sind heute noch nicht seriös abzuschätzen. Wichtig ist, dass das Steuersystem gerechter ausgestaltet wird, um die nötigen Mittel für Zukunftsinvestitionen bereitstellen zu können. Gleichzeitig müssen die sozialen Sicherungssysteme den zunehmenden Flexibilitätsanforderungen angepasst werden. Das Prinzip Bürgerversicherung bleibt hier das überzeugendste Modell, denn damit werden die Lasten gerechter verteilt. Gleichzeitig ergeben sich so Spielräume, um Sicherungslücken zu schließen.