Bundesverkehrsminister Dobrindt plant ein Car-Sharing-Gesetz – überfällig oder überflüssig?
Ein bundesweites Carsharinggesetz ist längst überfällig. Der Ruf danach ist mittlerweile viele Jahre alt. Es hilft ja nicht nur den Carsharingunternehmen. In erster Linie erhalten damit die Kommunen und Gemeinden endlich Rechtssicherheit, wenn Sie Carsharing im Rahmen ihrer kommunalen Nachhaltigsagenda ausbauen und fördern wollen. Denn mittlerweile gibt es viele unabhängige Studien, die belegen, dass Carsharing einen positiven Einfluss auf Luftemissionen, Parkplatznot und Staus hat. Mit einer rechtlich sicheren Förderung können diese positiven Effekte nun gesteigert werden.
Unter anderem sollen geteilte Autos bei öffentlichen Parkplätzen privilegiert werden dürfen. Wie könnten und sollten Car-Sharing-Anbieter in dieser Frage behandelt werden?
Hier wird es nach dem Gesetz eine Unterscheidung geben, zwischen den traditionellen stationsbasierten Konzepten und den vergleichsweise neueren Free-floating Konzepten. Grundsätzlich benötigen beide Anbieterformen Parkflächen. Die stationsbasierten qua Konzept, die Free Floater, um für Carsharingkunden noch mehr Verfügbarkeit und Qualität sicherstellen zu können. Kommt das Gesetz in seiner jetzigen Fassung, dann können Kommunen zunächst allgemeine Flächen für Carsharing ausweisen, auf denen dann alle Carsharer parken dürfen. In einem zweiten Schritt müssen die Länder für die stationsbasierten Anbieter das Bundesrecht dann im Länderrecht näher spezifizieren, damit Parkplätze auch einzelnen Unternehmen zugeordnet werden können. Klar ist aber, beide Angebotsformen sollten bei der Vergabe von Flächen berücksichtigt werden.
Kritiker sagen, dass die positiven Effekte für Umwelt und Verkehrsaufkommen bei sogenannten Free-Floating-Anbietern geringer ausfallen, als beim klassischen Car-Sharing. Wie sollte dem Rechnung getragen werden?
Die Kritik am Free-Floating Carsharing ist unangemessen und überholt. Es gibt mittlerweile mehrere von Universitäten gemeinsam mit den Städten unabhängig durchgeführte Studien. Etwa aus Berlin, München, Wien, London oder Seattle. Diese zeigen zum einen, dass Free-Floating Carsharing für die meisten Menschen überhaupt erst der Einstieg in das Carsharing ist. Und zweitens, dass die Free Floater zwischen drei und 13 private Fahrzeuge pro Carsharing Fahrzeug abschaffen. Vergegenwärtigt man sich, dass die Free Floater allein in Deutschland 800.000 von 1,2 Millionen Carsharing Kunden auf sich vereinen und die Fahrzeugbesitzquote der Kunden noch deutlich höher ist als bei den Stationären, dann ist das Potenzial und der absolute Entlastungseffekt der Free-Floater sogar noch um ein Vielfaches höher als bei den stationsbasierten Anbietern. Die Carsharer selbst machen diesen Gegensatz übrigens aber gar nicht auf, sondern sind sich einig, dass erst in Kombination beider Angebote der maximale Entlastungseffekt eintritt. Ich würde mich freuen, wenn das die Kritiker auch irgendwann täten.
Welche weiteren Regelungen sollte ein Car-Sharing-Gesetz aus Ihrer Sicht unbedingt enthalten? Bzw. welche auf keinen Fall?
Es sollte in erster Linie diskriminierungsfrei sein, also den eben angesprochenen Gegensatz zwischen den Angeboten gar nicht erst machen. Alle Anbieter, die ihren Anteil an der Verbesserung urbaner Mobilität tragen, sollten im Gesetz und in der späteren Anwendung ihren Platz finden. Der wichtigste Aspekt ist mit Sicherheit die Ausweisung von ausreichend öffentlichen Parkflächen. Das macht es für Carsharingkunden leichter, Autos zu finden, und am Ende der Fahrt auch schneller wieder einen Parkplatz zu bekommen. Wenn ich als Anwohner eines hochverdichteten Innenstadtquartiers weiß, dass ich mit Carsharing einfacher und schneller parken kann als mit meinem eigenen Auto, dann werde ich eher das eigene Fahrzeug verkaufen und andere Verkehrsträger nutzen. Der so gewonnene Platz kann dann wieder für andere Zwecke verwendet werden.