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Durchbruch von Live-Streaming steht noch bevor

Wo noch Potenzial auf dem Online-Video-Markt ist

Michael Frenzel, Head of Communications, Mediakraft Networks Quelle: Mediakraft Networks Michael Frenzel Head of Communications Mediakraft Networks 10.02.2017
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Wir werden in den nächsten Jahren sehen, dass sich diese Nutzerschaft zunehmend verbreitern und älter werden wird.", sagt Mediakraft-Manager Michael Frenzel mit Blick auf die Potenziale des Online-Video-Marktes. Für das öffentlich-rechtliche Angebot "funk" regt er "eine Konzentration auf seriöse journalistische Angebote" an.







Nach einer Studie arbeiten 60 Prozent der Onlinevideo-Angebote nicht kostendeckend. Wo steht das Web-TV im Spannungsfeld von Hobby-Publizisten und Großkonzernen?
Hobby-Publizisten, unabhängige Content-Produzenten wie Mediakraft sowie Medienkonzerne wie Axel Springer, Pro7Sat1 oder Ströers “Tube One” - sie alle existieren nebeneinander und bilden eine sehr heterogene Web-TV-Branche mit sehr unterschiedlichen Geschäftsmodellen. Diese beinhalten auch sehr unterschiedliche Erwartungen an Kostendeckung. Die erwähnte Studie ist da entsprechend nicht ganz trennscharf. Denn zum einen betrifft die Zahl von 60 Prozent nur YouTube-Angebote, zum anderen wird nicht unterschieden zwischen dem Professionalisierungsgrad der Produktion. Hobby-Publizisten mögen mit 30 Euro Werbeeinnahmen im Monat zufrieden sein, und dies sogar als kostendeckend bezeichnen. Für ein Medienhaus, welches den YouTube-Kanal lediglich zur Zweitverwertung nutzt, kann ein Kanal mit professionellem Material kostendeckend sein, ohne die Produktionskosten einspielen zu müssen. Betrachtet man allein die professionellen Angebote, die speziell für YouTube produziert werden, so sind von diesen wahrscheinlich deutlich weniger als 60 Prozent kostendeckend. Zu den wenigen Beispielen in Deutschland produzierter, seriöser Informationsangebote mit journalistischem Anspruch zählt beispielsweise die Mediakraft-Produktion TheGreatWar. Und TheGreatWar ist deshalb kostendeckend, weil es auf der Einnahmenseite von der Community durch Crowdfunding eine großartige Unterstützung erfährt und als englischsprachiges Angebot eine größere Reichweite erzielt, mit mittlerweile einer halben Million Abonnenten. 

Die Untersuchung stellt eine Korrelation zwischen Professionalität und Kostenpflicht der Angebote fest. Wie sehen Sie die Zukunft der Werbefinanzierung von Bewegtbild-Angeboten im Internet?
Immerhin 41 Prozent aller Web-TV-Anbieter, also nicht nur auf YouTube, beklagen die hohen Kosten für Lizenz- und Rechte-Einkauf. 37 Prozent sehen in den hohen Produktionskosten ein Hemmnis in der Weiterentwicklung von Online-Video. Diese Zahlen zeigen die belegen wichtige Faktoren auf der Ausgabenseite. Professionelle Produktionen kosten Geld, daran hat sich seit den Stummfilm-Zeiten nichts geändert. Insofern gibt es neben Paid-Content nur die Finanzierungs-Optionen einer ausreichenden Reichweite, um auskömmliche Werbeeinnahmen zu erzielen, oder staatliche Subventionen, wie zum Beispiel aus der Rundfunkabgabe. Vor allem freie Künstler haben heute das Problem, dass ihre View-Millionen heute nur noch einen Bruchteil der Einnahmen generieren, die vor ein paar Jahren dafür gezahlt wurden. Da die Google-AdSense-TKPs bei YouTube in den letzten Jahren stetig gefallen sind, sind Video-Produzenten immer stärker auf eine professionelle Vermarktung ihrer Werbeplätze angewiesen, wie sie Vermarkter wie Mediakraft gewährleisten können. So können sie trotz des eventuell anfallenden Shares insgesamt höhere Erträge erzielen. 

Die Studie verzeichnet einen rasanten Anstieg des Livestreamings. Wie erklären Sie sich das?
Die großen Social-Media-Plattformen bieten Live-Streaming-Funktionen noch gar nicht so lange an. YouTube seit 2015, Facebook seit 2016. Da ist es nicht verwunderlich, dass Live-Streaming in den letzten beiden Jahr stark angestiegen ist. Der Durchbruch von Live-Streaming steht noch bevor. Wir sehen bei vielen unserer Creator, dass sie das enorme Potential für ihre Produktionen gerade erst zu entdecken beginnen. 

Die Zahl der Youtube-Kanäle hat im Jahresvergleich stark zugenommen. Erreicht der Markt langsam eine Sättigung, oder gibt es Potenzial für eine weitere Steigerung?
Online-Video ist noch Jahre von einer Sättigung entfernt. Aktuell wird das Angebot von einer Mehrheit der jungen Zielgruppe genutzt, mit Schwerpunkt bei den 13- bis 23-jährigen. Wir werden in den nächsten Jahren sehen, dass sich diese Nutzerschaft zunehmend verbreitern und älter werden wird. Wobei die Jungen nicht im nennenswerten Umfang zum TV zurückkehren. Daher sehen wir weiter viel Potential für Innovationen und spannende neue Programmkanäle. Insbesondere für seriöse Informationsangebote und Spartenkanäle bietet Online-Video einfach unerreichte Vorteile, die im klassischen TV überhaupt nicht denkbar wären. 

Youtube und Facebook hängen andere Plattformen immer mehr ab. Welche Regulierungsmaßnahmen könnte das künftig erfordern?
Regulierungsversuche international agierender Social-Media-Plattformen durch Eingriffe des kleinteiligen deutschen Regulierungs-Systems ist wohl als ziemlich aussichtslos anzusehen. Außer symbolischen Handlungen würde da wahrscheinlich nicht viel bei rum kommen. Fraglich ist aber auch, ob das überhaupt sinnvoll wäre. Regulierung ist beispielsweise beim terrestrischen oder kabelgebundenen Verbreitungsweg ein vernünftiger Ansatz für die Verwaltung begrenzter Ressourcen, um die staatliche Daseinsvorsorge zum Schutz der freien Meinungsäußerung und Informationsfreiheit der Bürger sicher zu stellen. Bei quasi unbegrenzten Ressourcen für Meinungsäußerungen ist sie schwer zu begründen, solange die Plattform-Betreiber nicht in die Informationsfreiheit eingreifen. Wir sehen im Gegenteil sogar den Trend, dass sich die dem Kultur- und Bildungsauftrag verpflichteten öffentlich-rechtlichen Anstalten mit ihren Angeboten an die Plattformen Facebook und YouTube anhängen. Das ist sicherlich eine weise Entscheidung, um die jungen Zuschauer dort abzuholen, wo sie sind. Das mit 45 Millionen Euro aus Gebührengeldern finanzierte “funk”-Jugendangebot hat so mit 70 Millionen Views in den ersten drei Monaten bereits einen Achtungserfolg erzielt. Das sind immerhin schon in etwa so viele Views, wie ein unabhängiges und privatwirtschaftlich organisiertes Netzwerk wie Mediakraft mit vergleichbaren Qualitäts-Inhalten heute erzielt. Und es ist sicherlich noch ausbaufähig, ohne dass es dazu einer Regulierung von YouTube bedürfte.
Allerdings wäre zu fragen, ob sich das öffentlich-rechtliche Angebot auf YouTube und Facebook nicht auch stärker von dem abheben sollte, was private Anbieter produzieren und finanziell stemmen können. Bisher ist ein spezifisches Profil im Sinne des Kultur- und Bildungsauftrages noch zu wenig zu erkennen. Einige Angebote sind sogar fast unveränderte Fortführungen zuvor privatwirtschaftlich produzierter Angebote. Allein die Werbefreiheit wäre aber bei dem hohen Einsatz an Rundfunkgebührengeldern dann doch zu wenig. Vielleicht wäre eine Konzentration auf seriöse journalistische Angebote, die sich privatwirtschaftlich nur ganz schwer refinanzieren lassen, aber enorm wichtig für das Funktionieren einer demokratischen Verfassung sind, für “funk” der richtige Weg. Ob dazu Regulierungsmaßnahmen erforderlich sind, ist nicht zu erkennen, es wäre wohl eher eine rundfunkpolitische Grundsatzentscheidung. 

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