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Energieversorger für technologieoffene Verkehrswende

Welche Chancen und Herausforderungen Elektromobilität hat

Dr. Constantin H. Alsheimer, Vorstandsvorsitzender Mainova AG Quelle: Christian O. Bruch Dr. Constantin H. Alsheimer Vorstandsvorsitzender Mainova AG 09.11.2017
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Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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"Die Förderung von Elektromobilität ist aus unserer Sicht nur ein Baustein, um Deutschlands Klimaziele zu erreichen", sagt Dr. Constantin H. Alsheimer, Vorstandsvorsitzender Mainova AG. Insbesondere die Brennstoffzellen-Technologie oder Erdgas-Antriebe sieht er von der Bundesregierung bisher stiefmütterlich behandelt.







Der Ausbau der Elektromobilität in Deutschland ist beschlossene Sache. Welche Bedeutung hat das für Strom- und Energiewirtschaft? 
„Deutschland soll zum Leitmarkt Elektromobilität werden“ – so lautet die Zielsetzung der Bundesregierung, die unter anderem eine zügige Etablierung von Elektrofahrzeugen in Deutschland umfasst. Die Strom- und Energiewirtschaft kann einer der entscheidenden Akteure beim Wandel des Verkehrssektors sein.

So gilt es neben dem Aufbau einer verlässlichen Ladeinfrastruktur, Geschäftsmodelle zu entwickeln, die zur Zukunft der Mobilität und den Ansprüchen der Menschen passen. Gleichzeitig müssen diese wirtschaftlich sein.

Ein Schlüssel liegt im Ausbau der Ladeinfrastruktur im halb-öffentlichen und privaten Bereich. Die Unternehmen haben die Kraft und Innovationsfreude, entsprechende Antworten zu finden und Angebote zu unterbreiten. Mainova bietet beispielweise bedarfsgerechte Komplettpakete für Privatpersonen, Geschäftsleute und Großkunden an. Zusätzlich fördern wir Carsharing-Konzepte.

Energieversorger wie Mainova sind vielerorts in Vorleistung gegangen, um die zügige Verbreitung der Elektromobilität zu unterstützen. So haben wir bereits seit 2010 in den Auf- und Ausbau einer frei zugänglichen Lade-Infrastruktur in Frankfurt und der Rhein-Main-Region investiert.

Beim voranschreitenden Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur sind künftig zusätzlich diejenigen Anbieter gefragt, die dadurch einen großen eigenen Benefit haben, wie beispielsweise die Automobilindustrie.

Sind die Netze ausreichend ausgebaut oder braucht es neue Netzstrukturen für die E-Mobilität?
Eine Vollelektrifizierung des Verkehrssektors auf einen Schlag würde Deutschland vor wirtschaftliche, netztechnische und städtebauliche Herausforderungen stellen. Die kommunalen Stromverteilnetze, die das Rückgrat der E-Mobilität bilden, müssten ertüchtigt, gestärkt und ausgebaut werden.

Ertüchtigung und Ausbau der Strom- und Ladesäuleninfrastruktur sind mit hohem Aufwand verbunden sowie kosten- und zeitintensiv. Hinzu kämen umfangreiche Eingriffe in den öffentlichen Raum aufgrund von Baumaßnahmen.

Zusätzlich wäre es geboten, die Ladevorgänge über intelligentes Lastmanagement zu steuern. Die dazu erforderlichen intelligenten Technologien befinden sich zum einen noch im Entwicklungsstadium und sind zum anderen noch sehr teuer.

Wie steht es um die Sicherstellung von genügend Strom auch bei einer flächendeckenden Verkehrsinfrastruktur auf E-Basis?
Nach Erhebungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung bräuchten eine Million E-Fahrzeuge etwa 0,2 Prozent der gesamten deutschen Strommenge des Jahres 2020, bei 50 Millionen Fahrzeugen wären es 20 Prozent. Dieser zusätzliche Strom müsste entsprechend bereitgestellt werden – und das möglichst aus erneuerbaren Energien.

Ein zusätzlicher Faktor ist der Transport des Stroms. Hier herrschen noch Engpässe. Es gäbe noch eine ganze Menge zu tun, um ein solches Szenario realistisch umzusetzen. Ob das volkswirtschaftlich der effizienteste Weg ist, sei dahingestellt. Wir plädieren daher für mehr Vielfalt bei der Energiewende im Mobilitätssektor.

Welche energiepolitischen Rahmenbedingungen muss die Politik schaffen, damit das Wunschkind E-Mobilität auch in der Praxis funktioniert?
Die Förderung von Elektromobilität ist aus unserer Sicht nur ein Baustein, um Deutschlands Klimaziele zu erreichen. Leider werden alternative Möglichkeiten, im Verkehrssektor CO2 zu reduzieren, von der Bundesregierung bisher stiefmütterlich behandelt. Hier sind insbesondere die Brennstoffzellen-Technologie oder Erdgas-Antriebe zu nennen.

Aus unserer Sicht kann E-Mobilität nicht als alleinige Lösung im Sinne einer Vollelektrifizierung des Verkehrssektors umgesetzt werden. Insbesondere solange der Strom dafür zu großen Teilen aus besonders CO2-intensiven Braunkohlekraftwerken kommt, ist dem Klima damit nicht gedient. Statt einer politischen Festlegung auf eine Technologie braucht es eine technologieoffene, dezentrale und wettbewerblich gestaltete Verkehrswende.

Es muss ein Ordnungsrahmen geschaffen werden, der es ermöglicht, dass sich die effizientesten Lösungen durchsetzen können. Fest steht: Die Verkehrswende ist ein langfristiges Projekt. Einfache Lösungen wird es nicht geben.


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