Bei einer Umfrage auf der Gamescom haben 32 Prozent der Befragten angegeben, künftig mit Virtual-Reality-Brillen spielen zu wollen. Wie bewerten Sie diese Zahl?
Mittelfristig gesehen halte ich diese Zahl eher für niedrig. Da die Spieleindustrie sich stärker auf dieses relativ neue Medium richten wird, lässt absehen, dass es eher ein Drittel der Games sein werden, die dieses Spielerlebnis nutzen werden. Sehr verlockend sind hier games-technisch natürlich auch komplette VR-Systeme wie HTC vive, die den virtuellen Raum fassbar und wesentlich interaktiver werden lassen. Kreative Anwendungen stecken noch in den Kinderschuhen, aber erste Programme bieten bereits ein völlig neues gestalterisches Potenzial. Kurz: Da VR-Brillen wachsenden Nutzen nicht nur in der Medienindustrie finden werden, werden sie ebenso Einzug in nahezu alle Haushalte erfahren, wie vor Jahrzehnten mobile Fernsprechgeräte oder Computer.
VR erlaubt ein direkteres Spielerlebnis, aber auch neue Formen sozialer Interaktion – wie müssen sich Spiele entwickeln, damit VR ein Erfolg wird?
Bei vielen Spielen ist es wohl eher so, dass bisher der Zugang zu VR gefehlt hat. Konzeptuell deckt das Gamedesign bereits die meisten erdenklichen Interaktionsmöglichkeiten ab, nur blieb der Spieler eher Betrachter vor einem Bildschirm als Teilnehmer in seiner Umgebung. Alles in 3D Gestaltete ließe sich prinzipiell mit VR-Brillen nutzbar machen, sobald höhere Rechenleistungen die notwendige höhere Auflösung ermöglichen. Die neuen Formen sozialer Interaktion sind für viele Gamer bereits Alltag, werden nur geringfügig tastbarer. Mit der neuen Technik wächst allerdings auch die soziale Verantwortung der Games und ebenso die notwendige gesellschaftliche Schulung. Die Erfahrungen mit der realistischen Welt in VR bringt schließlich auch ein Risiko der Vereinsamung mit sich, sowie ein höheres Suchtpotenzial. Doch wie sich schon bei Smartphones zeigt ist dies nicht allein ein Problem der Spiele sondern ebenso der Nutzer. Wenn man an Passanten denkt, die im Verkehr schon von ihren Smartphones abgelenkt werden, schaudert es einen vor VR-Brillen-Trägern im öffentlichen Raum.
Games, Filme, Shopping, Events – die Einsatzmöglichkeiten für VR-Brillen sind groß. Welche Inhalte sind aus Ihrer Sicht die entscheidenden für den Erfolg von VR?
Dass die VR-Brillen den gesamten Unterhaltungsmarkt grundlegend verändern werden, ist abzusehen. Wenn es noch Einrichtungen geben wird, die sich mit Kinos vergleichen lassen, wird das Konzept der Filmproduktion völlig überdacht werden müssen, Inszenierung und Regie werden sich eher dem Theater annähern, da der Betrachter sich weniger durch Kameraeinstellungen steuern lassen wird. Doch denke ich dass es weniger das große Entertainment sein wird, das die VR-Brillen in die Haushalte integrieren wird als ganz banale Anwendungen. Zunehmend verbreiten sich 360º Aufnahmen auf sozialen Medien. Wenn einem nach Feierabend die Tapete nicht mehr gefällt, warum setzt man sich dann nicht mal kurz in die Fotos aus dem letzten Urlaub?
Als größtes Hemmnis gilt bislang der Preis – was müsste eine VR-Brille kosten, damit ein Massenmarkt entsteht?
Zurzeit ist bereits ein breites Angebot unterschiedlicher Qualitätsstufen und Preiskategorien zu erwerben, wodurch sich langfristig die teureren Modelle kaum rechtfertigen lassen werden. Frage ist eher, wann sich hier Standards einpendeln werden. Noch befinden wir uns hier mit diversen Modellen in einer experimentellen Fase, ähnlich der Suche nach neuen Speichermedien nach dem Ende der 3,5`` Disketten vor ca. 16 Jahren. Vergleichbar mit anderen technischen Neuerungen wie Flachbildfernsehern werden sich erschwingliche VR Modelle durchsetzen. Müsste ich einen konkreten Preis dafür einschätzen, würde ich einen Bereich zwischen 50 und 200 Euro vermuten.