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Grüne wollen Telekom-Aktien-Paket für Breitbandausbau verkaufen

Wie Cem Ödzemir Deutschland für die ditiale Zukunft rüsten will

Cem Özdemir, Spitzenkandidat für die Bundestagswahl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Quelle: Dominik Butzmann Cem Özdemir Mitglied des Deutschen Bundestages BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 06.09.2017
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Etwa 10 Milliarden will der Grüne Spitzenkandidat Cem Özdemir in den Breitbandausbau stecken. "Dafür soll der Bund seine 14,5 % Aktienanteile an der Deutschen Telekom AG marktneutral an die KfW veräußern", erklärt er. Auch das Thema Datensicherheit und -hoheit ist ihm wichtig.







Viele Experten stellen Deutschland in Sachen Digitalisierung ein schlechtes Zeugnis aus und sehen das Land im europäischen Vergleich weit abgeschlagen. Welche Maßnahmen und politische Anreize braucht es nach Ihrer Einschätzung, um die Digitalisierung in Deutschland voranzubringen?
Die visionslose Digitalpolitik der Bundesregierung krankt am Zuständigkeitschaos und an gegenseitigen Blockaden. Um die drängenden Zukunftsfragen effektiv zu bearbeiten, plädieren wir für eine stärkere Koordination und Bündelung der Digitalpolitik und einer Vertretung mit Kabinettsrang. Der thematisch zuständige Bundestagsausschuss muss Federführungen erhalten. Als akutes Problem muss der Breitbandausbau angegangen werden, da dieser das Fundament für die gesellschaftliche Teilhabe und die wirtschaftliche Innovationskraft in der Digitalisierung ist. Die Bundesregierung produziert Flickenteppiche mit weißen Flecken und das mit Übergangstechnologien wie Vectoring oder LTE. Wir wollen die Telekom-Aktien des Bundes im Wert von ca. 10 Milliarden Euro veräußern. Damit gründen wir öffentliche Breitbandgesellschaften für den Glasfaserausbau im ländlichen Raum, um schnelles Internet bundesweit sicherzustellen.

Die Südländer Bayern und Baden-Württemberg haben jetzt Milliarden-Investitionen angekündigt und liefern sich einen Wettlauf um die „digitale Leitregion“. Andere Regionen werden solche Summen nicht aufbringen können – droht in Deutschland eine regionale Digitalisierungs-Gap? Wie kann der Bund hier ggf. gegensteuern?
Die politische Gestaltung der Digitalisierung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und kann nicht nur durch einzelne Länder geleistet werden. Daher streben wir einen flächendeckenden Glasfaserausbau an. Wir wollen, dass bis 2021 75% aller Haushalte mit Glasfaseranschlüssen versorgt und die restlichen mit mindestens 50 Mbit/s angeschlossen sind. Dafür soll der Bund seine 14,5% Aktienanteile an der Deutschen Telekom AG marktneutral an die KfW veräußern. Den Erlös von ca. 10 Milliarden Euro soll er in eine staatliche Breitbandinfrastrukturgesellschaft einbringen, welche sich an kommunalen Unternehmen beteiligt, die im Rahmen von Betreibermodellen den Breitbandausbau voranbringen. Der Bund würde (Mit-)Infrastrukturinhaber, nötigenfalls auch (Mit-)Netzbetreiber, jedoch nicht Diensteanbieter sein. Die Bundesbreitbandgesellschaft soll vornehmlich dort aktiv werden, wo nicht mindestens die Bandbreite zur Verfügung steht, die in Deutschland von der Mehrzahl der Teilnehmer genutzt wird.

Die politischen Rahmenbedingungen sind das eine – Gründer- und Unternehmergeist, sowie Innovationsbereitschaft das andere. Wie sehen Sie Deutschland diesbezüglich aufgestellt?
Die Zahl der Gründungen sinkt. Das wollen wir ändern und investieren in eine neue Gründerzeit. Gute Ideen dürfen nicht an knappen Eigenmitteln oder Bürokratie scheitern. Wer gründen will und ein tragfähiges Konzept vorlegt, kann ein zinsloses Darlehen bis zu 25.000 Euro erhalten. Wir schaffen bessere Bedingungen für Wagniskapital mit einem Venture Capital Gesetz und stärken Crowdfunding. Für mehr Kreativität und Ideen führen wir einen steuerlichen Forschungsbonus von 15 Prozent auf alle F&E-Ausgaben in kleinen und mittleren Unternehmen ein. Gründende wollen wir für zwei Jahre von nicht unbedingt nötigen Melde- und Berichtspflichten befreien. Wir bauen Bürokratie ab, z.B. mit einfacheren Abschreibungsregeln und Vereinfachungen bei der Umsatzsteuer. Großes Potential liegt auch hier in der Digitalisierung. So wollen wir einen einheitlichen Portalverbund für alle elektronischen Verwaltungsvorgänge voranbringen und so Unternehmen bei der Kommunikation mit Behörden deutlich entlasten.

Zentrale Themen bei der Digitalisierung sind auch Bildung und Datenschutz. Wo sehen Sie in Bezug auf die Datensicherheit den größten Handlungsbedarf für Deutschland?
Die Risiken für persönliche Informationen und Daten steigen angesichts der beschleunigten Digitalisierung. Wir wollen die Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger gewährleisten. Das stärkt Vertrauen in den digitalen Wandel. Der größte Handlungsbedarf besteht jetzt in der Sicherung des Vollzugs des neuen Rechtsrahmens. Die EU-Datenschutzverordnung und die Umsetzungsgesetze müssen in Verwaltung und Wirtschaft verstanden und einheitlich umgesetzt werden. Die Aufsichtsbehörden müssen für ihre Aufgabe der Beratung und Kontrolle gestärkt werden. Last but not least bleibt Datenschutzinnovation zentral. Die neue Debatte um Datensouveränität geht in die richtige Richtung: neue Instrumente für mehr Transparenz z.B. bei Algorithmen, aber auch etwa die Durchsetzung von IT-Sicherheitsvorgaben stehen im Vordergrund.

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