Die Spielzeit 2016/17 steht kurz vor dem Start. Welche musikalischen Highlights in der kommenden Saison wollen Sie besonders hervorheben?
Die Staatsoper Hamburg eröffnet am 23. September 2016 die Saison mit Mozarts Zauberflöte. „Eines der größten Rätselwerke unserer Kultur“ (Peter von Matt) zieht sich gleichsam durch die Spielzeit: mit einer Neuinszenierung auf der Großen Bühne, einer Version eigens für Kinder und einem flankierenden Stadt- und Schulprojekt. In Zeiten von Umbruch, von Wertediskussion und fundamentalen gesellschaftlichen Veränderungen stellt die Staatsoper Hamburg mit Mozarts Meisterwerk DIE Oper in den Mittelpunkt, die sich exemplarisch mit der Würde des Menschen und der Sinnhaftigkeit des (Zusammen-) Lebens auseinandersetzt.
Zu den Höhepunkten der 189. Philharmonischen Konzertsaison zählen drei großbesetzte oratorische Werke unter der Leitung von Kent Nagano in der Elbphilharmonie: am 13. Januar 2017 steht die Uraufführung der Auftragskomposition von Jörg Widmann im Rahmen der Eröffnungsphase der Elbphilharmonie auf dem Programm. Der Kompositionsauftrag an Jörg Widmann wird gefördert durch die Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Ende April/Anfang Mai 2017 folgt als Kooperation mit der Staatsoper Hamburg und der Elbphilharmonie Hamburg die spektakuläre Achte Sinfonie von Gustav Mahler, visualisiert von der Künstlerin rosalie. Im Juni 2017 dirigiert Hamburgs Generalmusikdirektor mit Arnold Schönbergs „Gurre-Liedern“ ein weiteres hochkarätiges und äußerst selten zu erlebendes Oratorium.
Welche Ideen und Projekte gibt es an Ihrem Haus für das Konzerthaus/Opernhaus der Zukunft? Stichworte: Gewinnung eines neues Zielpublikums, neue Darstellungsformen und Konzertorte, digitale Mehrwertdienste etc.)
Ein wesentliches Element der Künstlerischen Konturierung in der Nachwuchsförderung im Bereich Musiktheater und Musiktheatervermittlung ist an der Staatsoper Hamburg die Bespielung der opera stabile, für die ein eigenständiges künstlerisch-konzeptionelles Profil, eine neue „Marke“ entwickelt wird. Hierbei knüpft die Bespielung der opera stabile an die Ära von Rolf Liebermann und Peter Ruzicka an, in welcher der Ort ein „Laboratorium“ für die Entwicklung neuer Musiktheaterformen gewesen ist.
Weiterhin wird die von Kent Nagano initiierte Philharmonische Akademie und die interdisziplinäre Reihe „Musik und Wissenschaft“ in Kooperation mit der Max-Planck-Gesellschaft Hamburg ausgebaut.
Welche digitalen Dienste bieten Sie derzeit schon an, was planen Sie gegebenenfalls? (Stichworte: Audio und Video-Streaming, Medienproduktion, digitale Einlass- und Kartensysteme etc.)
Im Bereich des Kundenmanagements und der Besucherangebote sind wir sehr daran interessiert, zeitgemäße Standards anbieten zu können. Auch an der Staatsoper Hamburg gab und gibt es Video-Streaming von besonderen Produktionen. Dies ist eine interessante Entwicklung, um neue und andere Publikumssegmente anzusprechen, neue Türen zu öffnen. Im Vordergrund steht aber dennoch der primäre Opernbesuch und die Erfahrung des Live-Erlebnisses. Die Eröffnungsproduktion der Spielzeit 2016/2017 Die Zauberflöte wird im Rahmen des Binnenalster Filmfestes zeitversetzt auf einer Kino-Leinwand am Jungfernstieg übertragen. Flankierend werden hierzu in den sieben Stadtteilen Hamburgs mit opernbegeisterten Laien Teile der Zauberflöte einstudiert und diese am frühen Abend am Jungfernstieg zusammengefügt. Dieses Projekt „Moin Mozart“ wird kommunikativ durch einen eigenen Blog begleitet.
Derzeit gibt es viele Klassik-Aktivitäten im Internet. Online-Plattformen, wie die Digitale Konzerthalle der Berliner Philharmoniker,Idagio, Klassik.TV oder niusic wollen die Klassikberichterstattung revolutionieren und neue Medien und Klassik zusammenzubringen. Braucht die Klassik neue junge Darstellungsformen?
Als Kulturinstitution verstehen wir den Auftritt in den digitalen Kanälen als integralen Bestandteil zeitgemäßer Kommunikation und unseres gesellschaftlichen Auftrags. Wir definieren uns als offenes Haus und laden über unseren Blog, Facebook, Instagram und Twitter zum Dialog. Dieser Ansatz soll vor allem auch dazu beitragen, Schwellenängste abzubauen und Berührungspunkte zu klassischer Musik herzustellen – gerade auch da, wo es vielleicht noch wenige oder keine gibt.
Meiner Meinung braucht die Klassik vor allem neue Vermittlungsangebote. Neben den musikpädagogischen Angeboten ist es wichtig, neue Vermittlungsangebote der Publikumspartizipation zu machen. Die klassischen Grenzen zwischen U- und E-Musik sind heute nicht mehr richtungsweisend.
Wie bewerten Sie grundsätzlich die Zukunft der Klassik?
An der Staatsoper Hamburg haben Kent Nagano und ich uns das Ziel gesetzt, im Spannungsfeld zwischen sorgsamer Pflege eines breiten Repertoires und markanter Leidenschaft für das Neue ein eigenes und erkennbares Profil zu entwickeln. Zeitgenössische Musik und die Förderung von Uraufführungen und neuen theatralen Ausdrucksformen gehört für mich unbedingt zur Zukunftsfähigkeit der Klassischen Musik.