Die Digitalisierung verändert die Prozesse in der Industrie. Wie unterstützen Sie die Unternehmen in Ihrem Bundesland auf diesem Weg?
Mich beunruhigen Studien, nach denen Deutschland bei der Digitalisierung unter den Industrienationen nur im Mittelfeld liegt und das Thema noch längst nicht bei allen Unternehmen angekommen ist. Denn wir müssen die Chancen nutzen, die digitale Technologien für Nachhaltigkeit, für Klimaschutz, für soziale Teilhabe eröffnen.
Deshalb hilft die Landesregierung auf vielfältige Weise. Wir bieten einen kostenlosen Digi-Check, der Unternehmen zeigt, wie weit sie mit der Digitalisierung sind und was sie tun können. Im Forschungs- und Anwendungszentrum Darmstadt können sie sich zudem praktische Anregungen zur Industrie 4.0 holen. Für die sich daraus ergebenden Investitionen stehen selbstverständlich die üblichen Förderinstrumente bereit.
Natürlich bauen wir auch die Breitband-Infrastruktur aus – dafür werden wir in einigen Jahren weit über eine halbe Milliarde Mio. Euroan Zuschüssen, Beratungsleistungen, Bürgschaften und Darlehen bereitgestellt haben. Extrem wichtig für Unternehmen ist die IT-Sicherheit. Die Landesregierung fördert die Forschung daran seit Jahren. Inzwischen haben wir in Darmstadt das führende europäische Zentrum für IT-Sicherheit.
Die Digitalisierung gibt den Prozessen in der Logistik einen Schub. Vor welchen Herausforderungen steht Ihr Bundesland mit den zunehmenden Verkehrsströmen?
Als Transitland mit zentraler Lage in Deutschland und Europa ist Hessen in besonderem Maß betroffen. Bei uns kreuzen sich Verkehrsströme aller Art. Die Logistik ist deshalb ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für unser Bundesland, aber der Verkehr bringt auch hohe – an manchen Orten sogar unzumutbare – Belastungen mit sich. Immer mehr zusätzlicher Asphalt und Beton können deshalb nicht die Antwort auf den wachsenden Mobilitätsbedarf sein – wohl aber intelligente, vernetzte Verkehrssysteme, die ohne digitale Technologien gar nicht denkbar sind.
Komplexere Technologien benötigen exzellente Fachkräfte. Wie investieren Sie in Bildung und Ausbildung?
Klar ist: Wenn wir digitale Technologien umfassend nutzen wollen, dürfen sie kein Fachthema der Informatiker bleiben. Deshalb fangen wir schon in der Schule an und werden die digitale Kompetenz der Schülerinnen und Schüler, der Lehrerinnen und Lehrer kontinuierlich fördern. Wir unterstützen die Kommunen dabei, ihre Schulen mit leistungsfähigen Internetzugängen auszustatten. Im Hochschulbereich arbeiten wir an einem Master-Studiengang Digitale Transformation. Natürlich gehört das Thema auch in die Berufliche Bildung: Wir fördern die Vernetzung der Berufsschulen und der Beruflichen Bildungszentren, sowie die Modernisierung der Ausstattung der überbetrieblichen Bildungszentren inklusive der IKT-Ausstattung.
Ein Blick in die Zukunft: Wie wird „Smart Industry“ Ihr Bundesland in den nächsten Jahren verändern?
Natürlich habe ich keine rosa Google-Brille auf der Nase. Ich kenne die düsteren Prognosen über den Verlust von Arbeitsplätzen, gerade bei gering Qualifizierten, die wir übrigens als Zielgruppe unser hessischen Nachqualifizierungsoffensive besonders im Blick haben. Zur Wahrheit gehört aber, dass es diese düsteren Prognosen bei jeder technologisch-ökonomischen Umwälzung gibt, zum Beispiel auch bei der Automatisierungswelle der 70-er Jahre. Im Ergebnis hat Deutschland heute eine der am weitesten automatisierten Industrien der Welt – und gleichzeitig einen Beschäftigungsrekord. Deshalb sage ich: Wenn wir es richtig machen, werden wir mehr Arbeitsplätze und mehr Wertschöpfung mit weniger Energie- und Ressourcenverbrauch erzielen; werden die Beschäftigten mehr Souveränität über ihre Arbeitszeiten haben, werden unsere Unternehmen noch wettbewerbsfähiger sein. Und Hessen hat die besten Voraussetzungen, diese Chancen auch zu nutzen. Also sollten wir es richtig machen.