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Jugendliche reagieren sehr empfindlich auf Schleichwerbung

Wie Mediakraft für Glaubwürdigkeit bei seinen Influencern sorgt

Michael Frenzel, Head of Communications, Mediakraft Networks Quelle: Mediakraft Networks Michael Frenzel Head of Communications Mediakraft Networks 18.10.2017
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Beim Influencermarketing brauchen Werbetreibende vor allem seriöse Partner, mahnt Michael Frenzel, Head of Communications, Mediakraft Networks. Für eine erfolgreiche Kampagne muss man "die Influencer, deren Content und die technischen Möglichkeiten der Distributionskanäle" genau kennen. Die Kennzeichnungsregeln werden übrigens "von den Beteiligten überwiegend gewissenhaft befolgt".







Influencer-Marketing ist in aller Munde – für welche Zielgruppen und Marken ist diese Werbeform besonders geeignet?
Eigentlich für jede, obwohl die Branche derzeit hauptsächlich mit Influencern arbeitet, die ihre größte Verbreitung bei den 13- bis 29-jährigen erreichen. Sie werden von klassischer TV-Werbung immer weniger erreicht.[1] Sowohl der TV-Verbreitungskanal als auch dessen Programminhalte scheinen immer weniger das Nutzungsverhalten und Interesse der jüngeren Zuschauer zu bedienen. Die Influencer der jungen Generation gehören selbst zur Zielgruppe und ergänzen genau dieses Feld - durch Vertrauen, relevante Inhalte, die gewählten Verbreitungskanäle, vielfältige Interaktionsmöglichkeiten. Es sind oft Inhalte mit Spaßfaktor. Somit ist Influencer Marketing eine gute Ergänzung für den Marketing-Mix von Marken, die den Stellenwert von Interaktion und Engagement in der Kommunikation mit Kunden erkannt haben.

Experten schätzen, dass es allein in Deutschland bis zu fünf Millionen Influencer gibt - Welche Influencer passen zu welcher Kampagne?
Die Zahl mag stimmen, aber die Frage stellt sich, wieviel Einfluss hat der Großteil dieser (Micro-)Influencer. Wobei der richtige Ansatz nicht allein Größe, sondern die qualitative und thematisch passende Auswahl ist. Kampagnenplaner wissen, wie sie ihre Marke positionieren möchten, und welche Produktmerkmale für ihre Zielgruppe relevant sind. Bei der Identifikation des passenden Influencers zu einer Kampagne ist es dann sinnvoll, Spezialisten hinzu zu ziehen. Zum einen kennen und verstehen sie die Influencer, deren Content und die technischen Möglichkeiten der Distributionskanäle. Zum zweiten haben sie die Erfahrung, wie und mit wem sich konkrete Kampagnenziele, seien es Awareness-Aufbau, Engagement/Interaktion mit der Marke oder Leadgenerierung, verwirklichen und umsetzen lassen.

Fake-Profile und Bots als Follower- wie lässt sich sicherstellen, dass die Botschaften von Influencern tatsächlich bei der Zielgruppe ankommt?
Am wichtigsten für Werbetreibende ist die Wahl eines seriösen Partners, der den Influencermarkt kennt und auch Fakes erkennt. Die blinde Buchung von Influencern über Internetportale ist da sicherlich der falsche Weg. Bei echten Influencern kommen die Botschaften an, das sagen auch gängige Untersuchungen.[2] Echte Influencer sind auch nicht auf Fake-Profile angewiesen und haben an solchen Methoden null Interesse. Damit die Botschaft die Zielgruppe erreicht, muss der Auftraggeber vor allem akzeptieren, in welcher Art und Weise der Influencer die Botschaft in seinem Content verpackt.

Kritiker wenden ein, dass beim Influencer-Marketing häufig Kennzeichnungs-Pflichten verletzt werden – welche Regeln sollte es aus Ihrer Sicht für diese Werbeform geben?
Vielleicht trifft die Kritik für TV-Werbung zu, in den sozialen Medien werden die Kennzeichnungsregeln von den Beteiligten überwiegend gewissenhaft befolgt.[3] Denn die von den Landesmedienanstalten 2015 vorgestellten Regeln zu Produktplatzierungen in Online-Videos und Social Media Posts sind von der Community gut aufgenommen und weitestgehend umgesetzt worden. Über eine Pressemitteilung, Newsletter und in Verträgen hatte zum Beispiel Mediakraft die neuen Regeln gegen Schleichwerbung unter Influencern verbreitet.

Diese als FAQ – also “häufig gestellte Fragen” – bezeichneten Leitlinien sind ein Erfolg der gemeinsamen Bemühungen von Behörden und Wirtschaft, mehr Rechtssicherheit für das Medium Online-Video herzustellen. Sie geben Orientierung für Künstler und Werbetreibende und schaffen für Verbraucher mehr Transparenz. Cornelia Holsten, Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt und Vorsitzende des Fachausschusses Regulierung der Medienanstalten zum Thema Schleichwerbung und Produktplatzierung sagte anlässlich der Vorstellung der fünfseitigen Anleitung: “Mediakraft war der Pilot, der erklärt hat, dass es ein Bedürfnis nach guter Kennzeichnung gibt. Es ist unser Ziel, eine gewisse Fairness im Markt zu erzielen, Aufklärung zu leisten und ins Gespräch zu kommen.”[4]

Allerdings schützen auch diese Regeln offenbar nicht gänzlich vor dem Erfindungsgeist der Abmahn-Industrie. Der sogenannte “VSW” hat beispielsweise eine Lücke in den bestehenden Regeln ausgenutzt, und gegen ein aus 2016 stammendes Posting - welches mittels des bei der jungen Zielgruppe weithin akzeptierten Hashtags #ad im Kontext gekennzeichnet war - erfolgreich geklagt.[5] Die Landesmedienanstalten haben anschließend ihre Empfehlungen an diese neue Rechtsprechung angepasst, was richtig ist. Im vorliegenden Fall hatten sich sowohl die betroffenen Influencer als auch die vermittelnde Agentur und der Werbetreibende an die damals gültigen Empfehlungen gehalten, nach denen #ad zulässig war.[6] Das Gericht sah es im konkreten Fall anders. Aus diesem Einzelfall kann man aber weder den Landesmedienanstalten, noch den Werbetreibenden, noch den Influencern einen Vorwurf machen.[7] Anders als oft unterstellt, existiert auch bei keinem der Beteiligten irgendein Interesse, die finanzielle Zuwendung zu unterschlagen. Gerade Jugendliche reagieren sehr empfindlich auf Schleichwerbung und sind sich oft nicht sicher, ob ein im Video gezeigtes Produkt Schleichwerbung ist oder nicht. Deshalb unterstützen klare Kennzeichnungen die Glaubwürdigkeit der Künstler.

Das Landgericht in Celle hat zur Kennzeichnung mittels des Hashtags #ad im übrigen kein “Grundsatzurteil” gefällt, wie es manche Berichte fälschlich kolportierten. Es urteilte über den konkreten Verwendungsfall. Dieser wurde schließlich auch deswegen als nicht statthaft  angesehen, weil zusätzlich die Kennzeichnung mit dem Hashtag #ad zwischen mehreren anderen Hashtags aufgeführt war, und beispielsweise nicht zum Beginn des Postings.

Mediakraft hatte übrigens bereits 2016 gewarnt, dass eine Kennzeichnung mit Hashtag #ad nicht mehr empfohlen werden kann und deshalb seinen Werbekunden und Influencer-Partnern eine Nutzung von #werbung oder #anzeige nahegelegt. Das sind zwar fünf Zeichen mehr - und wer sich mit Twitter oder anderen Kurznachrichten auskennt weiß, wie viel das sein kann - aber das Gerichtsurteil zeigt, wie berechtigt diese Vermutung war.

Insofern ist, was sich alle - vielleicht bis auf einzelne Abmahnvereine und Anwälte - wünschen, Rechtssicherheit für Influencer und die Werbewirtschaft. Offensichtlich ist der Gesetzgeber hier gefordert, Klarheit zu schaffen, damit gutgläubige Influencer und Werbetreibende nicht Opfer von Abmahnvereinen werden.


 

 

 

__________________________

[1] vgl. o.N.; Kundenansprache: Deutsche Marketer erreichen ihre Zielgruppen nicht. In: acquisa.com, 13.09.2017.
https://www.haufe.de/amp/marketing-vertrieb/online-marketing/kundenansprache-marketer-erreichen-ihre-zielgruppen-nicht_132_424696.html?xing_share=news
[2] Kohn, Andreas: Die Macht der Meinung in sozialen Medien. In: kk-kournal.de, 27. Novermber 2016.
http://journal-kk.de/andreas-kohn-die-macht-der-meinung-in-sozialen-medien-2/
[3] Jenny Kallenbrunnen: Warum das, was Bibi und Co. auf Youtube machen, keine Schleichwerbung ist. In: stern.de, 20. Mai 2017.
http://www.stern.de/neon/magazin/freizeit/youtube--was-bibi-und-co--machen--ist-keine-schleichwerbung-7458418.html
[4] https://www.mediakraft.de/aktuelles/#klare-regeln-gegen-schleichwerbung
[5] OLG Celle 13. Zivilsenat | 13 U 53/1j
[6] Die Landesmedienanstalten: FAQs, Antworten auf Werbefragen in sozialen Medien, S.5. Abgerufen 24.10.2016. “Du kannst auf verschiedene Arten kennzeichnen. Wir meinen, dass Du z.B. mit folgenden Kennzeichnungen auf der sicheren Seite bist: WERBUNG, ANZEIGE, aber auch #ad, sponsored by, powered by. Wichtig ist, dass Du kennzeichnest – und zwar so deutlich wie möglich!”
[7] Diesen Vorwurf erhob Lutz Frühbrodt in: Frühbrodt, Lutz: Influencer und Schleichwerbung: Rossmann-Urteil ist auch ein Rüffel für die Landesmedienanstalten. In: Meedia. 1. September 2017 http://meedia.de/2017/09/01/kaum-bis-keine-kennzeichnung-von-werbung-wie-landesmedienanstalten-und-eu-dem-influencer-marketing-beikommen-wollen/. Der Vorwurf ist deshalb falsch, da die LMA keinen Einfluss auf die inkriminierte Platzierung der Kennzeichnung innerhalb eines Postings haben. Vorwerfen könnte man den Medienanstalten allenfalls, dass sie näher an der Lebenswirklichkeit der jugendlichen Zielgruppe sind als die urteilenden Richter und Journalisten.

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