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Linke will Individualverkehr für autonome Autos verhindern

Trotzdem werden Fahrausbildungen weiterhin gebraucht

Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE Quelle: Fraktion DIE LINKE Sabine Leidig Verkehrspolitische Sprecherin Bundestagsfraktion DIE LINKE. 19.01.2018
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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DIE LINKE will selbstfahrende Autos künftig dafür einsetzen "mehr Gemeinschaftsverkehre durchzuführen, also als geteilte Fahrzeuge, seien sie privat oder öffentlich, aber nicht als klassisches Individualfahrzeug, damit die Zahl der Privat-Pkws deutlich zurückgeht." Das sagt Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE. Dies sei für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger, dem Wiederbeleben unserer Städte durch mehr Freiraum sowie zur Einhaltung der Klimaziele notwendig.







Die Fahrschul-Branche ist im Wandel. Erwarten Sie durch die nun gültigen Neuregelungen etwa zu Gemeinschaftsfahrschulen und Kooperationen eine stärkere Konzentration auf dem Markt?
Wir befürchten durch die Änderung, ab Mitte 2019 bis zu 10 Zweigstellen pro Gesellschafter einer Fahrschule aufmachen zu können, eine Konzentration auf dem Markt, weil dann Fahrschul-Ketten möglich werden. Dies wird kleine Fahrschulen in ihrer Existenz gefährden. Kooperationen in Form von Gemeinschaftsfahrschulen halten wir für den besseren Weg, den höheren Kosten für neue Technik und Fahrzeugen zu entgehen und wirtschaftlich effizienter zu werden.

Die Branche klagt über eklatanten Nachwuchsmangel. Wie bewerten Sie die Neuregelungen mit Blick darauf und wie müssten sich Rahmenbedingungen darüber hinaus ändern, um dem Nachwuchsmangel zu begegnen?
Die Dokumentation der Arbeitszeiten könnte anders gestaltet werden, um Fahrschulen zu entlasten. Da es sich um einen pädagogischen Beruf handelt, hätten wir es begrüßt, der mittlere Bildungsabschluss (MSA) wäre als grundsätzliche Voraussetzung eingeführt worden, allerdings mit Ausnahmen im Falle nachgewiesener Kompetenzen. So wird das Nachwuchsproblem vermutlich geringer sein, allerdings mit der Gefahr einer schlechteren Qualität der Fahrausbildung. Diese ist auch gefährdet durch die Absenkung der pädagogischen Fahrschulüberwachung von einer Muss-zu einer Kann-Bestimmung. Dass es weiterhin freiberufliche Fahrlehrer gibt, haben wir bei der Beratung im Bundestag vehement kritisiert und abgelehnt und sehen uns damit an der Seite der Fahrlehrerverbände. Das Beibehalten der 495-Minuten-Regel verhindert hier nur das Schlimmste, wenn überhaupt, weil diese auch sehr „kreativ“ gehandhabt werden kann. Wir haben die Bundesregierung aufgefordert, nach einiger Zeit einen Erfahrungsbericht zur Wirkung des Gesetzes vorzulegen, denn weniger Verkehrssicherheit durch schlechte Ausbildung muss verhindert werden.

Wie könnten sich der Markt durch die demografischen Veränderungen hierzulande künftig verändern? Etwa Verschiebung von Erstausbildung zu Nachschulungen - sehen Sie ggf. Regelungsbedarf für verpflichtende Nachschulungen für ältere Führerscheinbesitzer?
Durch demographische sowie technische Veränderungen im Verkehr und an den Fahrzeugen werden sich Lehrinhalte verändern sowie ausweiten müssen – teilweise sehr deutlich. Dies erfordert eine hohe Qualität der Fahrlehrerausbildung, die wir in den gesetzlichen Neuregelungen nur an einigen wenigen Punkten erkennen können, z. B. bei der Verlängerung der Ausbildung von 10 auf 12 Monate. Nachschulungen sind definitiv sinnvoll, insbesondere im Hinblick auf die technischen Neuerungen der Digitalisierung und Automatisierung, die auch für die Führer „analoger“ Fahrzeuge Fragen aufwirft. Aber auch für angehende Führerscheinbesitzer bzw. –anwärter wird sich einiges ändern, wenn die Digitalisierung weiter fortschreitet. Zudem setzen wir uns für das österreichische Mehrphasenmodell bei Fahranfängern ein, wodurch ebenfalls ein Mehrbedarf bei Fahrschulen durch zusätzliche Fahrten entsteht. Weniger Aufgaben werden auf die Fahrschulen im nächsten Jahrzehnt jedenfalls nicht zukommen.

Assistenzsysteme und selbstfahrende Auto – wie werden solche Entwicklungen mittel- oder langfristig das Berufsbild ändern?
Änderungen werden kommen, auch wenn momentan noch nicht abzusehen, wohin genau die digitale Reise im Straßenverkehr geht, ob jemals autonome Fahrzeuge im Stadtverkehr und nicht nur auf der Autobahn verkehren werden. Bereits jetzt sollten FahrschülerInnen mit Fahrassistenzsystemen praktisch vertraut gemacht werden und mit dem Voranschreiten der Technik muss dies selbstverständlich ausgeweitet werden. Wir wollen selbstfahrende Autos dafür einsetzen mehr Gemeinschaftsverkehre durchzuführen, also als geteilte Fahrzeuge, seien sie privat oder öffentlich, aber nicht als klassisches Individualfahrzeug, damit die Zahl der Privat-Pkws deutlich zurückgeht. Dies ist für die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger, dem Wiederbeleben unserer Städte durch mehr Freiraum sowie zur Einhaltung der Klimaziele notwendig. Da der Verkehr in seiner Komplexität aber weiter zunimmt, werden gute Fahrausbildungen natürlich weiterhin gebraucht, wenngleich in sich verändernden Bereichen.

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