Die Digitalisierung revolutioniert die Logistik-Branche. Wie sehen Sie die deutschen Häfen diesbezüglich aufgestellt?
Für die deutsche Hafenwirtschaft – das sind rund 180 Unternehmen in Hamburg, Bremerhaven und an 20 weiteren Hafenstandorten von Emden bis Ueckermünde – ist das Thema Digitalisierung kein Neuland, sie hat diese bereits frühzeitig vorangetrieben. Die Massenabfertigung von Containern seit den 1970er-Jahren etwa wäre ohne den Einsatz von elektronischer Datenverarbeitung kaum möglich gewesen.
Inzwischen übergibt robotisiertes Umschlaggerät Ladung an fahrerlose Transportfahrzeuge, und das Internet der Dinge und der Hafen 4.0 sind aus den Arbeitsprozessen in den Seehäfen nicht mehr wegzudenken – auch z. B. im PKW- oder Kohleumschlag. IT-Systeme verknüpfen Datensätze zu Ladungsarten und Mengen, Terminen und Verkehrsträgern, um Ladungsbewegungen auf den Terminals und in den Häfen in intelligenter Weise in den Gesamtbetrieb der Anlagen und internationaler Lieferketten einzufügen.
Neue technologische Entwicklungen eröffnen natürlich ganz neue Möglichkeiten, und die Hafenwirtschaft ist dicht am Thema.
Der Bund fördert u.a. innovative Hafentechnologien mit dem Programm IHATEC. Was kann und sollte die Politik für die Häfen mit Blick auf die Digitalisierung tun?
Technische Fortschritte und Innovationen sind von herausragender Bedeutung für die deutschen Seehäfen, insbesondere im Kontext des internationalen Wettbewerbs. Damit die deutsche Hafenwirtschaft ihre Position auf den globalen Märkten in Zukunft behaupten und ausbauen kann, sind technologische Entwicklungen und Erneuerungen notwendig.
Das vom ZDS angestoßene IHATEC-Förderprogramm ist dahingehend ein wichtiger Schritt zum Erfolg des Seehafen- und Logistikstandortes Deutschland.
Die öffentliche Hand hat die Aufgabe, den volkswirtschaftlichen Nutzen der Digitalisierung zu maximieren und sollte u. a. die allgemeine IT-Infrastruktur ausbauen, die Rechtsrahmen in den relevanten Bereichen stetig an die Entwicklungen anpassen und Innovationsanreize schaffen bzw. Hemmnisse beheben. Kurz gesagt: Bund und Länder sollten die passenden Rahmenbedingungen schaffen, und die Wirtschaft entwickelt und investiert.
Experten rechnen damit, dass allein der 3-Druck für einen erheblichen Rückgang der Warenströme sorgen könnte – welche Auswirkungen könnte das auf die Häfen in Deutschland haben?
Bis jetzt lassen sich die Leistungsfähigkeit und das Kosten-Nutzen-Verhältnis von 3D-Druck noch nicht gänzlich absehen. Die Nutzung von 3D-Druckern wird sich jedoch auf viele wichtige deutsche Wirtschaftszweige auswirken. Klar ist, dass sich etwas tut und dass sich die Handelsströme und auch die Nutzung von Hafenflächen dadurch verändern können.
Politisch stehen die Zeichen in manchen Regionen der Welt auf Protektionismus. Mit welchen Konsequenzen rechnen Sie für die Häfen?
Entwicklungen, wie ein möglicher Brexit oder wie der von US-Präsident Donald Trump befeuerte Protektionismus, beeinflussen den deutschen Außenhandel. Die USA und Großbritannien gehören zu den wichtigsten Handelspartnern Deutschlands, und deutsche Seehäfen wickeln über zwei Drittel des seewärtigen deutschen Außenhandels ab.
Zu den Konsequenzen eines Brexits würden wahrscheinlich Veränderungen im Güterverkehrsaufkommen zwischen Großbritannien und Deutschland gehören. Zudem könnte es auf lange Sicht zu unterschiedlichen Rahmenbedingungen in allen Rechtsbereichen kommen, insbesondere beim Wettbewerbs-, Vergabe- und Umweltrecht. Das würde auch den Wettbewerb unter den Hafenbetrieben in der EU und in Großbritannien verändern.
Wie genau sich diese Entwicklungen auf die deutsche Hafenwirtschaft auswirken, hängt von der Umsetzung des Brexits, der zukünftigen Wirtschaftspolitik der USA und den internationalen Reaktionen darauf ab.