Wolkenimpfungen für mehr Regen oder gegen zu viel Hagel – wie sehr lässt sich das Wetter heute schon steuern?
Eingriffe in den natürlichen Wetterablauf sind heute an der Tagesordnung. Weltweit werden jährlich mehrere tausend solcher Eingriffe vorgenommen. Alleine das Staatliche Chinesische Wetteränderungsamt hat seit dem Jahr 2002 nach eigenen Angaben mehr als 500.000 Eingriffe durchgeführt. In den USA, Russland oder Australien verdienen hunderte Unternehmen Geld damit, der Landwirtschaft Regen zu bringen oder potentiell gefährliche Niederschläge zu vermeiden. Hierzulande zählen dazu in erster Linie die Hagelflieger in Süddeutschlands großen Weinanbaugebieten. Aber auch Daimler nutzt die Dienste der Hagelflieger, um die riesige Neuwagenflotte auf der Schwäbischen Alb zu schützen. Die Erfolge freilich sind umstritten, hundertprozentige Erfolgsquoten gibt es nicht. Doch wenn die Rahmenbedingungen passen, sind regional begrenzte Wolkenimpfungen heute durchaus erfolgversprechend.
Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus der Wettermanipulation in Sachen Klimawandel?
Natürlich ist es zunächst einmal nicht verwerflich, wenn eine Nation wie China für seine riesigen Landwirtschaftsflächen für zusätzlichen Regen sorgen will. Doch die massive Anhäufung dieser Eingriffe könnte zum Problem werden. Manipuliert man das Wetter an einem bestimmten Punkt, sind die Nebeneffekte in einem chaotischen System wie der Atmosphäre unvorhersehbar. So kann ein durch Silberiodid-Impfung erzeugter Regenschauer zur Dürrebeseitigung an einem anderen Ort zu einem verheerenden Unwetter führen. Der dreitägige Schneesturm in Peking im Herbst 2009, der mehr als 16 Millionen Tonnen künstlich erzeugten Schnee mit sich brachte, und der nach massiven Wettermanipulationen des Chinesischen Wetteränderungsamtes an weit entfernter Stelle ausgelöst wurde, zeigt, dass derartige Eingriffe keinesfalls vorherzusehen sind. Wenn aber selbst ein einziger Eingriff nicht ohne Auswirkungen bleibt, was bewirkt dann erst eine stetige Anhäufung an derartigen Manipulationen? Was ist tatsächlich möglich? Wir alle spüren, dass sich Wetter und Klima verändern. Ist nun das, was wir gemeinhin als Klimawandel bezeichnen, nicht vielleicht auch zum Teil das Ergebnis einer weltweiten Anhäufung von Wettermanipulationen?
Mehr Regen in einer Region könnte eventuell weniger Niederschläge in einer anderen bedeuten – wer sollte über Wettermanipulationen bestimmen dürfen?
Aktuell plant z.B. China bis 2020 weitere sechs regionale Zentren für Wettermanipulationen zu errichten, die für 60 Milliarden Kubikmeter künstlichen Regen pro Jahr sorgen sollen, auf einer Fläche von 540.000 Quadratkilometer. Dieses Wasser wird zu einem beträchtlichen Teil Nachbarstaaten fehlen. Politische Diskussionen darüber gibt es bereits. Letzten Endes werden sich die betroffenen Länder untereinander einigen müssen. Ziemlich sicher aber wird es gehörigen Streit um dieses Thema geben.
Nach einer UN-Konvention sind Wettermanipulationen zu militärischen Zwecken verboten. Wie lässt sich das von ziviler Nutzung zuverlässig abgrenzen?
Das dürfte schwierig werden, denn wer kann schon mit Sicherheit behaupten, es würde nur deshalb seit Wochen regnen, oder eine Dürre das Land überziehen, weil da jemand das Wetter manipuliert? Aus Sicht des Militärs ist Kriegsführung mittels Wettermanipulation somit durchaus interessant. Sogar das Planungsamt der Deutschen Bundeswehr beschäftigte sich im Rahmen einer sicherheitspolitischen Zukunftsanalyse Ende 2012 ausführlich mit dem Thema Geoengineering und Wettermanipulation. In dieser Analyse kam man zu dem Schluss, dass Wettermodifikationen zukünftig an Bedeutung gewinnen könnten, und häufiger sowie großflächig koordiniert zum Einsatz kommen könnten. Ich persönlich hoffe, dass zuverlässige Techniken in diesem Bereich noch lange auf sich warten lassen.