Nach dem Entwurf des NetzDG sollen Plattformbetreiber binnen eines Tages „offensichtlich rechtswidrige“ Inhalte entfernen. Was halten Sie von dem Plan?
Das wäre ein Fortschritt im Hinblick auf den Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen. Auf eine entsprechende Beschwerde hin muss die zeitnahe Überprüfung des gemeldeten Inhaltes durch den Diensteanbieter erfolgen. Handelt es sich tatsächlich um einen „offensichtlich rechtswidrigen“ Inhalt, so steht der Löschung grundsätzlich nichts entgegen – sie muss unverzüglich vom Diensteanbieter vorgenommen werden. Dem Urheber muss dann allerdings auch eine Möglichkeit des Widerspruchs und der Klarstellung eröffnet werden. Der Konflikt sollte letztlich justiziabel, d. h. einer gerichtlichen Entscheidung zugänglich sein. Um diese Standards umzusetzen, müssen die Diensteanbieter in die Pflicht genommen werden. Es bedarf aber auch entsprechender personeller Aufstockungen und Schulungen im Bereich der Justiz.
Kritiker befürchten, dass durch das Gesetz Inhalte im Zweifel lieber gelöscht werden – und so die Meinungsfreiheit bedroht wird. Was sagen Sie dazu?
Dem steht bereits das wirtschaftliche Interesse des Diensteanbieters entgegen. Natürlich ist die Meinungsfreiheit ein elementares und schützenswertes Grundrecht. Es ist aber kein Eingriff in die Meinungsfreiheit, wenn ein privates Unternehmen sich weigert, eine Äußerung zu veröffentlichen. Sonst wäre jeder Leserbrief, der nicht in der Zeitung erscheint, ebenfalls eine Grundrechtsverletzung. Das halte ich für abwegig. Vom Grundgesetz geschützt ist das grundsätzliche Recht jedes Menschen auf freie Meinungsäußerung und -verbreitung. Nicht geschützt ist jedoch das Recht, seine Meinung oder eine Äußerung in einem bestimmten Medium zu veröffentlichen.
Gesperrte Inhalte sollen zu Beweiszwecken gespeichert werden. Wie bewerten Sie das?
Sofern diese Inhalte Gegenstand eines Strafverfahrens sein können, erscheint ihre Sicherung durch Speicherung notwendig und auch verhältnismäßig. Dabei müssen selbstverständlich die notwendigen datenschutzrechtlichen Bestimmungen und Schutzvorkehrungen eingehalten werden.
Das Gesetz soll nicht nur für die klassischen Sozialen Netzwerke gelten, sondern stets, wenn beliebige Inhalte mit anderen Nutzern ausgetauscht, geteilt oder öffentlich zugänglich gemacht werden. Wie können solche Regeln z. B. in Messengerdiensten wie WhatsApp durchgesetzt werden?
Grundsätzlich gilt: Wer strafbare Äußerungen veröffentlicht oder weiterverbreitet, muss bei einer Verbreitung im Netz ebenso mit Ermittlungen rechnen, wie bei einer Verbreitung in der analogen Welt. Es ist insofern nicht nachzuvollziehen, warum die Strafermittlungsbehörden Auskunftsrechte gegen die Telekom oder gegen Facebook haben sollten, aber nicht gegenüber Messengerdiensten wie WhatsApp. Auch hier muss allerdings technisch sichergestellt sein, dass Unbeteiligte geschützt werden und die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt.