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Interview

Mit modernen Telematikdiensten gegen den Stau

Roland Koch, Ministerpräsident Hessen Quelle: Hessische Staatskanzlei/E. Blatt 28.09.2007

Herr Ministerpräsident, bis 2015 wollen Sie Hessen staufrei bekommen. Wie sind Ihre Erfahrungen aus den ersten Jahren der Initiative „Staufreies Hessen“?

Roland Koch: Die Erfahrungen sind überaus positiv und wir sind mit einer Fülle von Maßnahmen - wie zum Beispiel der zeitweisen Seitenstreifenfreigabe auf 62 Kilometern hessischer Autobahnen und dem Projekt DIANA - auf einem guten Weg. Dabei ist natürlich klar, dass es die unvorhersehbaren Staus durch Unfälle oder überraschende Witterungsverhältnisse auch 2015 noch geben wird. Gegen diese Ereignisse können wir naturgemäß nur erschwert Vorkehrungen treffen - doch selbst hier ist einiges möglich. Gut vorhersehen können wir aber schon heute die Spitzenbelastungen im Berufsverkehr, die auf hochbelasteten Strecken wie der A 3 oder A 5 im Durchschnitt zu einer Verdopplung des Verkehrs gegenüber der ruhigeren Mittagszeit führt. Das erhöhte Verkehrsaufkommen zu diesen Stoßzeiten flüssig zu planen, den Verkehr in fließende Bahnen lenken und so dem Stau zuvorkommen, dafür erproben wir derzeit modernste Telematikanwendungen.

Hessen ist mit dem Projekt Vorreiter in Deutschland. Wie ist die politische Resonanz?

Hessen ist das Testgebiet par excellence. Zum einen bietet Hessen als Land in der Mitte Deutschlands und Europas die am meisten frequentierten Autobahnen und damit die beste Experimentierplattform. Während der Bundesdurchschnitt auf Autobahnen bei rund 52.000 Fahrzeugen pro Tag liegt, verzeichnen wir im Rhein-Main-Gebiet täglich etwa 100.000 Fahrzeuge und um das Frankfurter Kreuz sogar rund 330.000 Autos. Eine Technik wie dynamische Straßenschilder hat einen echten Härtetest hinter sich und ist reif für die Serienproduktion. Auf unseren sehr innovativen Wegen begleiten uns viele interessierte Augen meiner Kollegen aus anderen Bundesländern. Auch findet ein Austausch auf Fachebene zwischen einigen Ländern über Erfahrungen und neueste Ideen statt.

Inwieweit werden die hessischen Erfahrungen schon anderswo genutzt?

Das Projekt „Staufreies Hessen 2015“ muss man sich als übergreifendes Dach für ein großes Bündel von Einzelbausteinen vorstellen. Ein Schwergewicht innerhalb dieses Bündels ist die Verkehrszentrale Hessen, die modernste in Europa. Ihre technische Ausstattung und ihre Lösungen sind stets von großem Interesse bei in- und ausländischen Verkehrsexperten und -ministern. Sie ist die Basis dafür, dass wir bei großen europäischen und nationalen Projekten zur Entwicklung und Erprobung von Fahrzeug-Fahrzeug- und Fahrzeug-Infrastruktur-Kommunikation als alleinige Infrastrukturpartner fungieren. Bestes Beispiel: SIM-TD, ein Projekt, dessen Ziel es ist, Autofahrer durch aktuellste Informationen schnellstmöglich nicht nur die Verkehrslage, sondern auch auf Straßenverhältnisse oder Gefahrenstellen wie Unfälle hinzuweisen und sie darauf einzustellen. Hierzu löst unter anderem das Aufblasen eines Airbags, eine Vollbremsung oder das elektronische Stabilitätsprogramm ESP eine Signalkette an andere Verkehrsteilnehmer aus. Daneben gibt es viele weitere Kooperationsprojekte mit Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und NRW, aber auch mit Österreich und der Schweiz.

Ein konkretes Ziel ist die Steuerung von Verkehrsströmen über digitale Rundfunkdienste. Wie sieht dies in der Praxis aus und welches Know-How wird dafür eingesetzt?

Die Verkehrszentrale Hessen ist in der Lage, die aktuelle Verkehrslage auf beinahe allen Autobahnabschnitten des Landes zu erfassen. Darüber hinaus erhält die Zentrale über so genannte DIANA-Fahrzeuge (Dynamic Information And Navigation Assistance) einen Überblick über die Situation auch auf Landes- und Bundesstraßen. Denn die mit DIANA-Technik ausgestatteten Fahrzeuge senden während ihrer Fahrt Daten über die jeweilige Verkehrslage auf der Strecke direkt an die Zentrale und die Zentrale streut diese hochaktuellen Daten umgehend an alle anderen in der Umgebung befindlichen DIANA-Fahrzeuge zurück. Diese in digitaler Form vorliegenden Informationen werden heute schon der Landesmeldestelle und privaten Dienstleistern zur weiteren Verbreitung verfügbar gemacht.

Welche neuen technischen Entwicklungen gibt es und wo sehen Sie noch Nachholbedarf?

Die aktuellste technische Entwicklung ist die von Fahrzeug-Fahrzeug- und Fahrzeug- Infrastruktur-Kommunikation. Ziel dieser Arbeiten ist, die Fahrzeuge früher als bisher und sowohl zeitlich als auch räumlich genauer vor Behinderungen zu warnen, um so Unfälle zu vermeiden. An diesen Entwicklungen ist Hessen maßgeblich mit den Projekten DIAMANT, AKTIV und SIM-TD beteiligt. Wichtig dabei auch: Die Landesverwaltung begleitet diese Entwicklungen bereits ab der Startphase und kann so den oftmals eher technischen Blick erweitern und eventuelle Verwaltungshemmnisse frühzeitig erkennen und lösen. Die Frage, wie der Kunde diese Information erhält und ob er diesen neuen verbesserten Hinweisen folgt, wird für mich eine der spannendsten Fragen der Zukunft im Hinblick auf die Steuerung von Verkehrsströmen sein.

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