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Mix aus Kooperation und Wettbewerb ist die Regel

Warum Medienmarken ihre Zuschauer auf Social-Media-Plattformen suchen

Prof. Dr. Christopher Zerres, Hochschule Offenburg Quelle: HS Offenburg Prof. Dr. Christopher Zerres Wissenschaftler HS Offenburg 15.11.2017
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Die Forscher Prof. Dr. Christopher Zerres und Prof. Dr. Thomas Breyer-Mayländer halten es für problematisch, "dass Social Media Plattformen zu einem immer wichtigeren Zugangsweg zu redaktionellen Inhalten werden und sie damit zum Gatekeeper über redaktionelle Inhalte von Medienunternehmen mutieren." Entscheidende Aufgabe auf Senderseite sei es, "den Wert der redaktionellen Leistung und der eigenen Marke deutlich zu machen.







Viele TV- und Radio-Sender setzen bei Gewinnspielen und interaktiven Aktionen häufig auf die Angebote großer, amerikanischer Internetzkonzerne wie Facebook oder Twitter. Ist es sinnvoll, die Zuschauer- und Hörerschaft in die Arme anderer Medienmarken zu treiben?
Dies ist im Kern nicht zwangsläufig schlecht. In vielen Fällen ist ein relativ großer Teil der Zuschauer- und Hörerschaft in der Regel ohnehin schon auf den verschiedenen Plattformen aktiv. Gewinnspiele und andere Aktionen, die z. B. auch über Facebook erreichbar sind, führen dann nicht zu einem Zuwachs an Neukunden für Facebook. Auf Grund der sehr hohen Reichweite vieler Social Media Plattformen, wie Facebook und Twitter, eignen sich diese insbesondere für Aktionen, deren Ziel es ist, die eigene Marke und / oder eigene Angebote bekannt zu machen. Man geht, vereinfacht gesprochen, dorthin, wo die Kunden bevorzugt unterwegs sind, da Social Media Plattformen zumindest für einen Teil der Zielgruppe vieler Medienunternehmen der präferierte Kommunikationskanal sind. Auch muss man bei der Abgrenzungsdiskussion zwischen Medienunternehmen und deren Kanälen aufpassen, dass man nicht in ein Schwarz-Weiß-Denken verfällt. Wir haben in der Regel den Zustand von Coopetition, d. h. der Mischung aus Kooperation und Wettbewerb zwischen Sendern und den großen Social Media Plattformen.

Auch Inhalte werden über die (sozialen) Plattformen vertrieben und erzielen oft sehr hohe Reichweiten, die nicht in die klassischen Quoten eingehen – Wie nützt das den Sendern?
Durch das Bereitstellen der Inhalte auf reichweitenstarken Plattformen kann zunächst eine hohe Bekanntheit für die eigenen Angebote erreicht werden. Im Idealfall erzeugen die Inhalte zudem Interaktionen, also eine intensive Auseinandersetzung der Nutzer mit den präsentierten Inhalten. Generell sollten Social Media Plattformen nicht nur als Kanäle zum „Ausspielen“ der eigenen Inhalte betrachtet werden. Dies ist ohnehin eine „Inside-Out“-Betrachtung, die für viele Medienunternehmen nicht hilfreich ist. Im Sinne des „Outside-In“-Ansatzes sollte es darum gehen, festzulegen, wie, wo und für welche Zielgruppen die eigenen Kompetenzen Nutzen stiften können. In diesem Zusammenhang haben sich Social Media Plattformen zu Suchmaschinen entwickelt, die häufig erst den Zugang zum redaktionellen Medieninhalt der Sender schaffen. Der Mediennutzer wird dabei nicht in einer Situation angesprochen, in der er sich bewusst zur Radio-/TV-Nutzung entschieden hat, sondern beim Streifzug der Nutzer durch die sozialen Medien liefert die Verlinkung auf die Inhalte der Sender den Verweis auf redaktionelle Inhalte. Entscheidende Aufgabe auf Senderseite ist es, dabei den Wert der redaktionellen Leistung und der eigenen Marke deutlich zu machen.

Welche Probleme sehen Sie darin, dass die Sozialen Netzwerke Kundendaten von etablierten Medienmarken bekommen?
Die Möglichkeit des Nutzertrackings und der Erweiterung der Nutzerprofildaten sind für die Social Media Plattformen zwar von hohem Nutzen, es ist jedoch, wenn die formale Rechtsfrage gelöst ist, marktstrategisch nicht der entscheidende Punkt für etablierte Medienmarken. Der Umstand, dass Social Media Plattformen zu einem immer wichtigeren Zugangsweg zu redaktionellen Inhalten werden und sie damit zum Gatekeeper über redaktionelle Inhalte von Medienunternehmen mutieren, stellt das größere Problem dar. Beispielsweise werden in dem Kontext für deutsche Medieninhalte die in den Nutzerrichtlinien verankerten Moralvorstellungen amerikanischer Netzwerke (politisch radikale Aussagen werden geduldet, nackte Körperteile jedoch nicht) zum relevanten Maßstab.

Wie könnten sich insbesondere junge Zielgruppen erreichen lassen, ohne die Dienste der Internetriesen zu nutzen?
Heute ist insbesondere die junge Zielgruppe in hohem Maße digital erreichbar. Dabei macht es einen Unterschied, ob man mit eigenen digitalen Kanälen (Websites, Apps etc.) oder über externe Kanäle wie Social Media Plattformen versucht diese Zielgruppe zu erreichen. An Internetfirmen, wie Suchmaschinenbetreiber (in Deutschland vor allem Google) oder ausgewählten Social Media Plattformen, kommt man dabei als Kooperationspartner nicht vorbei. Der zentrale Aspekt erscheint vielmehr zu sein, wie es Medienunternehmen schaffen können, interessante Inhalte für die junge Zielgruppe zu schaffen. Dabei ist die Frage der Distribution der Inhalte eher zweitrangig. Allerdings kann eine Kombination aus der Nutzung eigener reichweitenstarker Kanäle (Radio, TV, eigene Digitalmedien) und organischer Suchmaschinenoptimierung bereits sehr wirksam sein, um junge Zielgruppen zu erreichen und in Interaktion zu treten.

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