Ein Gerichtsurteil, nach dem die Gema nicht automatisch Teile von Tantiemen an Verlage abführen darf, ist nun rechtskräftig. Wie ändert sich dadurch die Situation der einzelnen (Musik-)Markt-Teilnehmer?
Die Rechtskraft des Kammergerichtsurteils ändert nichts an der bestehenden Situation. Bereits nach der Verkündung des Urteils hat sich der GEMA-Aufsichtsrat mit den Konsequenzen der Entscheidung befasst. Dabei wurde einvernehmlich zwischen Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern vereinbart, zur rechtssicheren Fortsetzung der Verlegerbeteiligung ein einheitliches Bestätigungsverfahren individuell bei den GEMA-Mitgliedern abzufragen. Hierzu wurde von der GEMA ab Februar 2017 das sogenannte Elektronische Bestätigungsverfahren (EBV) eingeführt. Mit diesem Verfahren können die Verlage für das von ihnen verlegte Repertoire nachweisen und von den Autoren bestätigen lassen, dass sie an den Einnahmen der GEMA zu beteiligen sind. Seit September 2017 läuft das EBV 2.0. Mit dem zweiten Teil des Bestätigungsverfahrens haben die Verleger Gelegenheit, bis zum 13. Januar 2018 die erforderlichen Nachweise für ihre Beteiligung an den GEMA-Einnahmen vorzulegen. Damit hat die GEMA bereits vor der Rechtskraft des Urteils alle erforderlichen Schritte eingeleitet, um das bisherige System der gemeinsamen Beteiligung von Urhebern und Verlagen an ihren Einnahmen sicherzustellen. Auf der diesjährigen GEMA-Mitgliederversammlung wurde die weitere gemeinsame Beteiligung von Urhebern und Verlegern nahezu einmütig befürwortet.
Viele Urheber können nun die an Verlage ausgezahlten Tantiemen zurückverlangen. In welchem Umfang rechnen Sie mit solchen Forderungen?
Ob überhaupt und wenn ja in welchem Umfang Rückforderungen möglich sind, wird sich nach Auswertung der Ergebnisse des Elektronischen Bestätigungsverfahrens zeigen. Insgesamt zeigen die Reaktionen, die unsere Mitglieder von den mit Ihnen verbundenen Autoren erhalten haben, dass die ganz überwiegende Zahl der Autoren die Zusammenarbeit auf der Grundlage der bisherigen Praxis und Rechtslage weiter fortsetzen wollen.
Die Auszahlung des Verleger-Anteils ist auch weiterhin statthaft, wenn entsprechende Vereinbarungen zwischen Urhebern und Verwertern getroffen wurden. Wie wird das die künftige Vertragsgestaltung beeinflussen?
Mit dem erwähnten Elektronischen Bestätigungsverfahren ist die Beteiligung der Verlage bereits sichergestellt. Zusätzlich hat der Gesetzgeber im Dezember 2016 im Verwertungsgesellschaftengesetz klargestellt, dass es für eine Beteiligung der Verlage an den Einnahmen einer Verwertungsgesellschaft unerheblich ist, wer die Rechte dort eingebracht hat. Voraussetzung für die Beteiligung ist, dass Urheber und Verleger Mitglieder der Verwertungsgesellschaft sind. Damit hat das Urteil des Kammergerichts für die Auszahlung der Einnahmen an den sogenannten Nutzungsrechten für die Zukunft keine Bedeutung mehr. Eine Sonderregelung wurde im Verwertungsgesellschaftengesetz für die sogenannten gesetzlichen Vergütungsansprüche mit § 27 a VGG eingeführt. Danach ist eine Erklärung des Urhebers erforderlich, dass der Verleger auch hieran zu beteiligen ist.
Auf EU-Ebene wird an einer Richtlinie zum „Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ gearbeitet. Was sollte aus Ihrer Sicht zur Verlegerbeteiligung in dieser stehen?
Die Verlegerbeteiligung ist in der von Ihnen erwähnten Richtlinie bereits in Art. 12 enthalten. Von unserer Seite aus besteht noch ein Wunsch nach Klarstellung des Wortlauts. Wann allerdings die EU-Richtlinie in Kraft treten wird, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Nach unserer Auffassung wäre es auch möglich, die Verlegerbeteiligung unmittelbar, ohne auf die Richtlinie warten zu müssen, im deutschen Recht zu regeln. Dies ist jedoch politisch noch zu diskutieren.