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O-LKW als Reichweiten- und Effizienzwunder?

Warum die Batterie gegen die Oberleitung im Fernverkehr chancenlos ist

Florian Hacker, Stellv. Leiter Bereich Ressourcen & Mobilität beim Öko-Institut Quelle: Öko-Institut Florian Hacker Stellv. Leiter Bereich Ressourcen & Mobilität Öko-Institut e.V. 20.07.2017
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Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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"Erste Analysen zum Thema zeigen die hohe Energieeffizienz der direkten Stromnutzung per Oberleitung und günstige Technologiekosten im Vergleich zu den diskutierten Alternativen." Das sagt Florian Hacker, Stellv. Leiter Bereich Ressourcen & Mobilität beim Öko-Institut. Der oberleitungsgetriebene Lkw ermögliche den Einsatz von erneuerbarem Strom und damit perspektivisch null Emissionen im elektrischen Betrieb. "Ein rein batterieelektrischer Antrieb wird im Fernverkehr angesichts der notwendigen Reichweite und des hohen Zusatzgewichts des Speichers auch perspektivisch keine Option sein."







Die Bundesregierung hat angekündigt, die Technologie oberleitungsgetriebener LKW zu unterstützen. Was halten Sie von den Planungen?
Es ist zu begrüßen, dass die Bundesregierung Antriebsalternativen für den Straßengüterverkehr fördert. Diese sind vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele und dem prognostizierten weiteren Anstieg des Güterverkehrs dringend erforderlich. In den letzten 25 Jahren hat der Verkehrssektor keinen Beitrag zur Minderung der Klimagase geleistet, die Emissionen stagnieren auf dem Niveau von 1990. Der Lkw-Verkehr wird weiterhin vom Dieselantrieb dominiert und Effizienzfortschritte wurden bislang durch einen weiteren Anstieg des Transportaufkommens überkompensiert. Erste Analysen zum Thema zeigen die hohe Energieeffizienz der direkten Stromnutzung per Oberleitung und günstige Technologiekosten im Vergleich zu den diskutierten Alternativen. In einem nächsten Schritt muss es nun um die Erprobung der Technologie unter Realbedingungen im öffentlichen Raum gehen.

Wie hoch schätzen Sie die Emissionsminderungspotenziale ein?
Der oberleitungsgetriebene Lkw ermöglicht den Einsatz von erneuerbarem Strom und damit perspektivisch null Emissionen im elektrischen Betrieb. Eine aktuelle Studie geht von einer Minderung der Treibhausgasemissionen von 2,2 bis 3,4 Millionen Tonnen im Jahr 2030 aus. Dies entspricht einer Minderung der Emissionen des Güterverkehrs um 4 bzw. 6 %. Mit zunehmender Marktdurchdringung der O-Lkw, einem weiteren Ausbau des Oberleitungssystems auf Autobahnen sowie einem sukzessiven Anstieg der Erneuerbaren Energien steigt der Beitrag des Oberleitungssystems zum Klimaschutz danach weiter an.

Wie bewerten Sie die Oberleitungs-LKW im Vergleich zu möglichen alternativen Antriebs- und Energieversorgungsoptionen, wie etwa wasserstoffbetriebene Brennstoffzellenfahrzeugen oder dem Schienenverkehr?
Ein rein batterieelektrischer Antrieb wird im Fernverkehr angesichts der notwendigen Reichweite und des hohen Zusatzgewichts des Speichers auch perspektivisch keine Option sein und kann allenfalls als sogenannter Reichweitenverlängerer den O-Lkw auf nicht elektrifizierten Strecken – z.B. im Vor- und Nachlauf jenseits der Autobahn – sinnvoll ergänzen.

Als Alternativen zum O-Lkw werden vor dem Hintergrund der notwendigen Minderung der Treibhausgasemissionen insbesondere der auf Wasserstoff basierende Brennstoffzellenantrieb sowie synthetische Kraftstoffe in Kombination mit dem herkömmlichen Verbrennungsmotor diskutiert. Beide Optionen weisen jedoch einen deutlich geringeren Gesamtwirkungsgrad auf. Für eine klimaneutrale Energieversorgung wären somit deutlich größere Mengen an Strom aus erneuerbaren Energien notwendig. Da die Energiekosten im Güterfernverkehr die dominierenden Kosten sind, zeigen die Alternativen zudem Kostennachteile.

Wie ist Ihre Einschätzung zur Wirtschaftlichkeit des Ausbaus der Autobahnen mit Oberleitungen und wie kann ggf. der Straßengüterfernverkehr auch ohne hohe Investitionsleistungen umweltverträglicher gestaltet werden?
Gesamtkostenbetrachtungen zeigen, dass die Kosten für die Infrastruktur in einem eingeschwungenen System von eher untergeordneter Bedeutung sind. Die Herausforderung besteht insbesondere in Bezug auf die Einführung, wenn zunächst nur wenige Fahrzeuge die Infrastruktur nutzen und noch kein Netz besteht. In der Markteinführungsphase könnte die Infrastruktur beispielsweise durch einen Mautaufschlag für konventionelle Fahrzeuge finanziert werden.

Grundsätzlich sollte aber auch der Schienengüterverkehr nicht vernachlässigt werden. Eine Verlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene wäre in jedem Fall aus Umweltperspektive vorteilhaft und ist angesichts der bestehenden Infrastruktur naheliegend. Die Erschließung der Potenziale kann aber nur gelingen, wenn die Anstrengungen im Bereich Schienenverkehr verstärkt werden.

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