Noch führt Handy-Fernsehen in Deutschland ein Nischendasein. Die UMTS-Angebote der Mobilfunknetzbetreiber verzeichnen überschaubare Abrufzahlen, das rundfunkbasierte DMB-Angebot von MFD/watcha hat bislang weniger als 10.000 Kunden und einen DVB-H-Dienst gibt es in Deutschland bisher nicht. Derweil besinnen sich Handy-Nutzer gern auf die Basisfunktion ihrer immer funktionaleren Endgeräte zurück: das Telefonieren.
Dennoch hat Handy-Fernsehen in Deutschland ein beachtliches Marktpotenzial. Das Beratungsunternehmen Goldmedia rechnet in der aktuellen Mobile-TV-Studie in der realistischen Variante mit einem Umsatzpotential von rund 655 Mio. Euro im Jahr 2012.
Das wäre eine Umsatzdimension, mit der das neue Medium zu einem Eckpfeiler der deutschen Medienindustrie werden würde. Basis für die Berechnungen sind die Erfahrungen bei Realtests und kommerziellen Angeboten im Ausland sowie ein DVB-H-Marktstart bis Mitte 2008. Doch der könnte schwierig werden.
Das Hauptproblem: Mehr als 20 Inhalteanbieter, Plattformbetreiber und Mobilfunkkonzerne müssen sich bei dem gegenwärtig laufenden DVB-H-Vergabeverfahren auf ein gemeinsames Geschäftsmodell verständigen. Und auch die Hörfunkanbieter möchten auf der neuen Plattform vertreten sein. Wer bei der Lizenzerteilung leer ausgeht, der könnte mit der Überlegung spielen, den Marktstart durch eine Klagewelle noch weiter zu verzögern.
Zunehmend deutlich wird: Mobile-TV kann wohl nur im Konsens zwischen Mobilfunkern und Programmanbietern funktionieren. Mobilfunkkonzerne haben immerhin den Zugriff auf bald 90 Mio. Kunden in Deutschland, auf die man bei der Vermarktung von Handy-TV kaum verzichten kann. Contentmarken verfügen über Inhalte, die für die Mobile-TV-Nutzer attraktiv sind. Und auch der Hörfunk ist ein in der Nutzerforschung und bei kommerziellen Angeboten immer wieder stark nachgefragter Inhalt von Mobile-TV-Plattformen. Ohne eine Win-Win-Situation auf Augenhöhe zwischen diesen Akteursgruppen wird sich Handy-TV vermutlich kaum etablieren lassen.
Und die Zeit drängt: Der noch nicht einmal eingeführte DVB-H-Standard könnte schnell veraltet sein, denn neue Technologien (DVB-SH, MBMS) stehen bereits in den Startlöchern. Die Festlegung auf einen Standard erscheint angesichts der rasanten technologischen Entwicklungen schwierig.