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Ohne attraktive Online-Plattform werden sich Einzelhändler nicht behaupten können

Wo die digitale Reise für den Einzelhandel hingeht

Ariane Doß, Branchenexpertin Einzelhandel bei EULER HERMES Quelle: EULER HERMES Ariane Doß Branchenexpertin Einzelhandel EULER HERMES 14.07.2017
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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"Ohne attraktive Online-Plattform werden sich Einzelhändler nicht behaupten können", sagt Ariane Doß, Branchenexpertin Einzelhandel bei EULER HERMES. Die EULER HERMES SA ist Weltmarktführer für Kreditversicherung und die führende europäische Gruppe in der Kautionsversicherung und im Forderungsmanagement. Aus dem Haus kam jüngst eine Studie zur weltweiten Lage im Einzelhandel. Das Interview in unserer Debatte entstand unter Mitwirkung von Margrit Leidenroth, Branchenexpertin für die Textilindustrie bei EULER HERMES.







Wie attraktiv sind eigentlich die deutschen Innenstädte in Bezug auf modernes Einkaufen, was ist gut, was könnte noch besser sein?
Man muss unterscheiden. Es gibt sicherlich gute Geschäftslagen, insbesondere in Großstädten, die mit einem regen Kundenverkehr rechnen können. Diese Lagen sind bei Einzelhändlern nach wie vor sehr begehrt, was sich in der hohen Nachfrage widerspiegelt. Das sieht in weniger gut frequentierten Lagen natürlich anders aus: wir gehen davon aus, das der Druck auf Vermieter steigt, die Mieten von Geschäftslokalen in ruhigeren Lagen weiter zu reduzieren und die Vertragslaufzeiten zu kürzen. Deswegen müssen Einzelhändler ihre Rentabilität der einzelnen Standorte sorgfältig überprüfen. Entscheidend, ob ein Mietvertrag über 5 Jahre verlängert werden sollte, ist eine fundamentale Prognose zum zukünftigen Kundenaufkommen.

Beim Thema Einkaufen geraten die Innenstädte durch das wachsende Onlinegeschäft unter Druck. Verschwinden schon bald Buchläden, Banken, Schuhgeschäfte aus den Innenstädten und drohen uns wahre Geistercities?
Den stationären Einzelhandel mit seinen Boutiquen, Drogerien und verschiedenen Fachgeschäften wird es auch in 20 Jahren noch geben. Aber der Strukturwandel lässt sich nicht aufhalten, so dass wir weitergehende Veränderungen erwarten. Deswegen ist es wichtig, dass sich die Einzelhändler zukunftsorientiert aufstellen. Der richtige Multi-Channel-Mix ist entscheidend. Ohne attraktive Online-Plattform werden sich Einzelhändler nicht behaupten können. Kunden informieren sich vielfach vor ihrem Einkauf, ob es sich lohnt, in das betreffende Geschäft zu gehen: welche Kollektionen werden angeboten, welche Farben sind im Trend und natürlich: wie teuer ist es. Viele prominente Beispiele, die zu spät auf diesen Entwicklungszug aufspringen wollten, sind bereits unter die Räder gekommen: Wöhrl, SinnLeffers, René Lezard oder Basler, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Der Wettbewerb im On- und Offlinehandel bleibt mit geringen Margen hart umkämpft und wird mit Umsatzrückgängen bezahlt. Zudem sind Händler mit überdurchschnittlich langen Forderungslaufzeiten konfrontiert. Deswegen beobachten wir die Situation insgesamt weiterhin mit großen Sorgenfalten. 
 
Was macht den Onlinehandel für die Kunden so attraktiv? Welche Trends sehen Sie gerade?
Das Internet überzeugt natürlich mit einer maximalen Preistransparenz, insbesondere bei gut vergleichbaren Produkten wie Elektrokleingeräte, Markentextilien und Büchern. Einige Anbieter ermöglichen eine sehr einfache Bedienung, wo ich von jedem Standort und zu jeder Zeit den Preis und das Lieferdatum beispielsweise für meine Lieblingsschuhe vergleichen kann. Außerdem bekomme ich sie nach Hause oder einen anderen bevorzugten Ort geschickt, und kann sie im Zweifel kostenlos zurück senden. Oder ich überlege, ob ich die Schuhe nach meiner Internet-Recherche nicht doch erst noch mal im Laden anprobieren. Damit ist der Trend zu Internet-Plattformen für Hersteller und Einzelhändler mit Vorteilen verbunden: Der Kunde kann im Internet passend zum Wetter und für jeden Anlass einkaufen. Ein derart umfangreiches Sortiment können Einzelhändler nicht vorhalten, wenn sie ihre Warenbestände und Überkapazitäten effizient ‚managen‘ Außerdem müssen sie Mieten erwirtschaften und die Filialen regelmäßig modernisieren, um Up-to-Date zu bleiben.
 
Wie können sich der stationäre Handel und der Internethandel arrangieren? Wer kann ggf. was besser?
In beide Geschäftsmodelle muss regelmäßig effizient investiert werden. Dabei sollten sich das Warenangebot sowie die Aktivitäten im Internet und in den stationären Geschäften sinnvoll ergänzen. Man muss berücksichtigen, dass Kunden verschiedene Bedürfnisse haben. Darauf müssen Informationen, Einkaufserlebnisse und Warenverfügbarkeit abgestimmt sein.
 
Welche Konzepte brauchen die Citys aus Ihrer Sicht, um auch im Digitalzeitalter attraktiv zu bleiben?
Entscheidend ist vor alle eine zentrale Geschäftslage,  in der Kunden eine attraktive Mischung aus Marken und Vielfalt finden. Eine Atmosphäre, in der man sich wohlfühlt und gerne auch einen Kaffee trinkt, ist ein weiterer wichtiger Faktor. Eine gute Verkehrsanbindung per Auto samt Parkplätze oder per öffentlicher Verkehrsmittel sind deswegen  eine wichtige Voraussetzung, um Kunden in den Citys stressfrei einkaufen zu lassen.

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