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Politischer Druck auf ARD & ZDF wächst

Warum die Rundfunkkommission auch den Sendeauftrag überprüfen will

Staatssekretärin Heike Raab, Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales Quelle: Landesvertretung Rheinland-Pfalz/Marc-Steffen Unger Heike Raab Staatssekretärin Staatskanzlei RLP 17.10.2017
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Dipl.- Journ. Thomas Barthel
Founder & Herausgeber
Meinungsbarometer.info
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"Die von den Anstalten in ihren Berichten aufgeführten Maßnahmen zur Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bewerte ich als ersten Schritt in die richtige Richtung." Das sagt Staatssekretärin Heike Raab, Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund und für Europa, für Medien und Digitales. Diese Anstrengungen müssen die Anstalten konsequent fortsetzen. "Sie sind gefordert, weiter Doppelstrukturen ab- und die crossmediale Zusammenarbeit auszubauen." Maßnahmen zur Strukturoptimierung seien aber nur die eine Seite des von den Ländern angestoßenen Reformprozesses. "Klar ist, dass die Rundfunkkommission daneben auch den Auftrag selbst in den Blick nimmt."







ARD und ZDF haben ihre Reformen zur Sparbestrebung vorgelegt. Wie bewerten Sie die Sparpläne? Was fordern Sie ggf.?
Die Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder hat im Oktober 2016 unter der Überschrift „Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ einen Reformprozess bei den Anstalten angestoßen. Am 29. September 2017 hat die Rundfunkkommission der Länder von den Intendanten von ARD, ZDF und Deutschlandradio nun die Berichte zu möglichen Einsparpotentialen entgegengenommen.

Die von den Anstalten in ihren Berichten aufgeführten Maßnahmen zur Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bewerte ich als ersten Schritt in die richtige Richtung. Mit dem angekündigten Reformprozess können Wirtschaftlichkeitspotentiale gehoben werden, die auch seitens der KEF bereits aufgezeigt worden sind.

Diese Anstrengungen müssen die Anstalten konsequent fortsetzen. Sie sind gefordert, weiter Doppelstrukturen ab- und die crossmediale Zusammenarbeit auszubauen. Maßnahmen zur Strukturoptimierung sind aber nur die eine Seite des von den Ländern angestoßenen Reformprozesses. Klar ist, dass die Rundfunkkommission daneben auch den Auftrag selbst in den Blick nimmt. Und auch hier sind die Anstalten eingeladen, sich mit Vorschlägen in die Debatte einzubringen.

Gleichzeitig halten laut einer aktuellen Umfrage 82% der Befragten den aktuellen Rundfunkbeitrag für zu hoch. Wie ist Ihre Einschätzung in Bezug auf die künftige Entwicklung der GEZ?
Klar ist, gutes Fernsehen, gute Online-Angebote und gutes Radio gibt es nicht zum Nulltarif, genauso wenig wie gute Zeitungen. Unsere Medienordnung mit privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk und einer vielfältigen Zeitungslandschaft hat weit über Europa hinaus Vorbildcharakter. Meinungsvielfalt ist die Basis unserer Demokratie. Bereits das Bundesverfassungsgericht betont in ständiger Rechtsprechung die besondere Bedeutung und Verantwortung, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk dabei zukommt. Von den Anstalten erwarte ich und erwarten die Bürgerinnen und Bürger daher zu Recht ein attraktives und qualitativ hochwertiges Angebot für alle Altersgruppen. Die Sender sind verpflichtet Information, Kultur und Unterhaltung in der Bandbreite zwischen Internationalität und Regionalität anzubieten. Ein solches Angebot ist der Gegenwert für den Beitrag. Gleichzeitig dürfen wir uns nicht der Tatsache verschließen, dass die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks neben seinen Inhalten auch davon abhängt, in welchem Maß seine Tätigkeit mit finanziellen Belastungen für die Menschen verbunden ist. Wir müssen hier eine Balance finden. Dies war und ist auch der Anspruch des Auftrags der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder aus dem Oktober 2016. Seit 2009 wurde der Beitrag nicht mehr erhöht. Vielmehr wurde er im Jahre 2015 sogar um 48 Cent abgesenkt. Im Vergleichszeitraum von Juli 2009 bis Juli 2017 ist bspw. der Verbraucherpreisindex, der die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen für private Haushalte misst, um 10,5% Prozent gestiegen. Wollte man dies auf den Rundfunkbeitrag übertragen, läge dieser heute bei 19,87 Euro. Das sollten wir bei aller berechtigten Diskussion um die angemessene Höhe des Rundfunkbeitrags auch immer bedenken.

Wie passen in Bezug auf Sparpläne und Gebührenentwicklung Top-Gehälter führender ARD-Journalisten von bis zu 400.000 € zusammen? Wie bewerten Sie solche Summen, die aus öffentlichen Töpfen und GEZ-Geldern bezahlt werden?
Für die festen Mitarbeiter existieren in sämtlichen ARD-Anstalten klare Tarifstrukturen. Diese orientieren sich an den Tarifabschlüssen des öffentlichen Dienstes der Länder. Selbst die außertariflichen Gehälter der höheren Führungskräfte sind sehr weit entfernt von einem Jahresgehalt von 400.000 Euro.

Hier gilt es mit einem Missverständnis aufzuräumen: es gibt natürlich Verträge der Anstalten mit Produktionsfirmen bekannter Journalisten. Hier wird jedoch kein „Gehalt“ für einen Journalisten vereinbart, sondern die gesamte Produktion beispielsweise einer Talk- oder Gameshow beauftragt. Hier müssen Rundfunkanstalt und Kontrollgremien eine eigenständige und verantwortliche Abwägung zwischen Kostenaufwand und Programmmehrwert vornehmen – wie bei allen anderen Programmbestandteilen auch. Wenn ein bekannter Journalist eine Talkshow moderiert, dann kann das durchaus eine Stärkung für das Informationsprofil der Sender sein.

On top kündigen die Öffentlich-rechtlichen jetzt Bestrebungen an, ihre Online-Aktivitäten ausweiten zu wollen. Eine besorgniserregende Entwicklung gerade im Hinblick auf Privatwirtschaft und Verleger?
Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben die Rundfunkkommission bereits im Jahr 2013 beauftragt, den Onlineauftrag zeitgemäß weiterzuentwickeln. Bereits damals war absehbar, dass sich das Mediennutzungsverhalten der Menschen verändert. Auch wenn das Fernsehen in weiten Teilen der Bevölkerung immer noch das „Leitmedium“ ist, findet ein beträchtlicher Teil des öffentlichen Diskurses inzwischen im Internet statt. Insbesondere für jüngere Menschen ist das Netz bereits heute die Hauptnachrichtenquelle. Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bezieht sich auf alle Bevölkerungsgruppen, auf Männer und Frauen, auf Jung und Alt. Verändert sich die Mediennutzung, muss sich daher auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk verändern. Gerade junge Menschen konsumieren Medieninhalte immer mehr zu selbst bestimmbaren Zeitpunkten, also auf Abruf und unterwegs auf ihren Smartphones. Die Reform des öffentlich-rechtlichen Online-Auftrags sollte auch nicht auf den Streit zwischen den Anstalten und den Verlegerverbänden reduziert werden. Es geht beispielsweise genauso darum, die Mediatheken im Sinne der Nutzerinnen und Nutzer weiterzuentwickeln und auch darum, derzeit weitgehend ungeregelte Fragen, wie beispielsweise die Nutzung von Drittplattformen zu beantworten.

Zu diesen ganzen Bereichen hat die Rundfunkkommission einen umfassenden Reformvorschlag erarbeitet, im Rahmen einer Online-Konsultation Stellungnahmen aller Interessensgruppen eingeholt und auch persönlich habe ich viele Gespräche mit Verbandsvertretern geführt. Die Rundfunkkommission ist sich sehr bewusst, dass die Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks immer auch Auswirkungen auf die private Konkurrenz haben. Unterschiedlichste Bedürfnisse und Vorstellungen in einen fairen Ausgleich zu bringen und dabei die Vorteile der Digitalisierung für die Bürgerinnen und Bürger nutzbar zu machen, ist eine der grundlegenden Aufgaben von Politik und der stelle ich mich gerne.

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