Die Deutsche Bahn hat ankündigt, 1 Milliarde Euro in Digitalisierungsprojekte zu investieren. Wie bewerten Sie die Pläne?
Die Digitalisierung ergreift alle Bereiche unseres Lebens – auch die Mobilität. Daher ist es zu begrüßen, dass sich Eisenbahnverkehrsunternehmen, egal ob staatlich oder privatwirtschaftlich organisiert, intensiv mit der Frage beschäftigen, wie Menschen künftig unterwegs sein werden und wie wir gemeinsam mehr Fahrgäste von den Vorzügen eines qualitativ hochwertigen Schienenpersonenverkehrs überzeugen können. Dabei ist es unerlässlich, dass die Digitalisierung zunächst in jenen Bereichen vorangetrieben wird, die für den Eisenbahnbetrieb existenziell sind. In erster Linie muss die Infrastruktur ertüchtigt werden. Es gibt nach wie vor wärterbediente Schranken und mechanische Stellwerke. Zudem braucht es vor allem optimierte Prozesse im Baustellenmanagement seitens der Deutschen Bahn. Es sind dringend integrierte Planungs- und Durchführungsmechanismen notwendig. Auch die Disposition und die Fahrplangestaltung müssen endlich digital gesteuert werden, denn dies ist noch immer nicht überall der Fall. Es ist jetzt die Aufgabe der Deutschen Bahn, diese Basisprozesse im Interesse aller Fahrgäste zu optimieren und somit das System Schiene für die digitale Zukunft fit zu machen.
Haben Sie Sorge, dass die Übermacht der Deutschen Bahn auf der Schiene weiterwächst oder sind die Pläne unbedenklich für Ihr Unternehmen?
Die Deutsche Bahn ist nach wie vor der größte Player auf der Schiene in Deutschland, aber die privaten Bahnen holen weiter auf. Allein im vergangenen Jahr haben die Privaten drei Viertel der Ausschreibungen im Schienenpersonennahverkehr gewonnen. Schon heute fährt jeder dritte Nahverkehrszug unter dem Logo einer Wettbewerbsbahn. Tendenz steigend. Grundlage dafür ist ein fairer Wettbewerb auf der Schiene, von denen in erster Linie die Fahrgäste profitieren. Dieser faire Wettbewerb muss erhalten bleiben. Daher beobachten wir die verschiedenen Versuche, den Wettbewerb auszuhöhlen, mit großer Sorge.
Die Deutsche Bahn will den digitalen Mobilitätsmarkt in Deutschland künftig komplett beherrschen. Welche Pläne haben Sie in Bezug auf die Digitalisierung?
Die Diskussion um vollautomatisierte Züge ohne Triebfahrzeugführer gehört für uns im Gegenzug zu anderen Bahnunternehmen nicht zum Kern der Debatte. Wir sehen Digitalisierung in erster Linie als große Chance, unsere Mobilitätsangebote insgesamt noch attraktiver zu gestalten. Daher setzen wir auch weiterhin auf qualifiziertes, motiviertes und ortskundiges Personal an Bord unserer Züge. Digitalisierung bei Abellio heißt: Mehr Komfort für den Fahrgast durch noch individuellere Angebote – vor, nach und während der Reise.
Welche Vision haben Sie in Bezug auf die Zukunft des Reisens, wofür steht Ihr Unternehmen?
Getreu unseres Slogans „Jeder Mensch hat Ziele. Wir bringen Sie hin.“ ist es unser Anspruch, dass unsere Fahrgäste pünktlich, sicher und entspannt in hochmodernen Zügen ihr Ziel erreichen. Reisen mit Abellio ist mehr als nur Zugfahren. Deshalb wurde unsere herausragende Servicequalität mehrfach ausgezeichnet und wir wollen auch weiterhin an der Spitze dieser Bewegung stehen. Die Mobilität der Zukunft wird im hohen Maß von Individualität geprägt sein. Deshalb ist es entscheidend, alle Fahrgäste – egal ob Schüler oder Rentner, Ausflügler oder Berufspendler - künftig beim Ticketkauf, beim Entertainment an Bord oder bei der Störungsinformation in ihrer individuellen Lebenssituationen abzuholen. Diese große Chance bietet die Digitalisierung – und Abellio wird sie im Interesse seiner Fahrgäste nutzen.