Der US-Autobauer Tesla hat angekündigt, ein eigenes Markenradio als Musikstreamingdienst starten zu wollen. Für wie attraktiv halten Sie solche individualisierten Angebote?
Ob ein individualisiertes Tesla Markenradio tatsächlich attraktiv ist, hängt sicherlich davon ab, wie smart es im Vergleich zu anderen, bereits existierenden Online Audio Angeboten ist. Welche Mehrwerte könnte Tesla bieten, die es nicht anderswo schon gibt? Oder sieht Tesla hier schlicht eine Möglichkeit via Datenstrategie weitere Vermarktungspotenziale zu erschließen? Individualisierte Angebote werden in Zukunft sicherlich über ein reines Musikstreaming hinausgehen müssen. Das Informations- und Unterhaltungsbedürfnis der Hörer ist genauso individuell wie deren Musikgeschmack. An diesem Punkt müssen wir Radiomacher ansetzen.
Inwieweit sind die neuen individualisierten Markenradios inhaltlich eine Konkurrenz für die klassischen Programmanbieter?
Bislang sind individualisierte Markenradios vor allem ein Zusatzangebot im Bereich der Musikauswahl. Zielgruppen mit hoher Musikaffinität nutzen diese Angebote und natürlich geht den klassischen Programmanbietern in diesen Gruppen die ein oder andere Viertelstunde an Hördauer verloren. Die Stärken von Radio gehen aber über die Musiknutzung weit hinaus. Wir emotionalisieren und informieren unsere Hörer, wir begleiten sie durch den Tag und haben etablierte Pesonalities am Mikro, die live moderieren. In all diesen Bereichen hat Radio die Nase vorn. In naher Zukunft wird es für uns darum gehen diese starken Inhalte on Demand und individualisiert zur Verfügung zu stellen.
Wie attraktiv könnten individualisierte Programme für Werbepartner werden?
Individualisierte Programme sind für Werbepartner definitiv sehr attraktiv, da unter Kenntnis des Nutzer-Profils auch entsprechend individualisierte Werbebotschaften platziert werden können. Unter dem Stichwort „Programatic Advertising“ ist dies im Bereich der Online-Vermarktung ja bereits ein längst eingeschlagener Weg mit rasant zunehmender Professionalisierung und Perfektionierung. Das werbliche Geschäftsmodell der Zukunft basiert auf Nutzerdaten. Die Güte dieser Daten entscheidet über die Vermarktungschancen. Das gilt auch für Radio in der Zukunft.
Die ersten Fahrzeuge des neuen Tesla-Massenmodells 3 verfügen über keinen terrestrischen Radioempfänger mehr (UKW/DAB+) sondern nur noch über webbasierte Empfangstechnologien. Biegt die Terrestrik langfristig auf die Verliererstraße ab?
DAB+ gilt nicht gerader als Übertragungsweg der Zukunft, da DAB+ keinen Mehrwert gegenüber künftigen Webtechnologien darstellt. Der UKW-Empfang ist - zumindest in Deutschland - auf absehbare Zeit alternativlos vor dem Hintergrund noch nicht flächendeckender mobiler Breitband-Internetverbindungen. Der terrestrische Hörfunk wird aber dann an Bedeutung verlieren, wenn mobiler „Internet-Empfang“ in vergleichbar gutem Maße überall verfügbar sein wird.