Drohen Sendern und damit den Hörern Gefahren durch den bundesweiten Verkauf der UKW-Infrastruktur durch die Media Broadcast?
Wie immer liegen Chancen und Risiken eng beieinander. Die Media Broadcast hat nach unseren Erkenntnissen seit Jahren kaum noch in die UKW-Infrastruktur investiert, neue Anbieter sind dazu bereit. Bei den Antennen geht es um bessere Diagramme, geringere Anbringungsflächen und damit weniger laufende Kosten. Außerdem mehr Antennengewinn und damit weniger Stromverbrauch bei den Sendern. Andererseits ist der Verkauf von der Media Broadcast so schnell und so intransparent aufgesetzt, dass Bieter nicht rational einen Preis errechnen können. So will die Media Broadcast in der ersten Phase nur mit dem Höchstbietenden reden, der danach zum ersten Mal mit einem Sachverständigen an die Standorte darf, um den Verkaufsgegenstand zu betrachten. Um es vorsichtig zu formulieren: eine sehr ungewöhnliche Vorgehensweise.
Wie sollte der Verkaufsprozess der Infrastruktur aus Ihrer Sicht laufen?
Es muss Transparenz hergestellt werden. Die an die Interessenten verschickte Vertraulichkeitserklärungen bewirken das Gegenteil und zwar auch dort, wo es gar nicht um Geschäftsgeheimnisse der Beteiligten geht, sondern schlicht um die Beschreibung des Verkaufsgegenstandes. Die Media Broadcast will Bietergemeinschaften von Programmveranstaltern ausschließen, die eine Antenne gemeinsam nutzen – auch das ist wettbewerbsfeindlich. Am Ende verkauft die Media Broadcast auch gar nicht alte, meist abgeschriebene Infrastruktur, sondern den Platz am Standort der DFMG, der Eigentümerin der Funktürme. Wenn ein Programmveranstalter oder die Mitbenutzer an einem Standort die alte Antenne nicht wollen, sondern eine neue Antenne anbringen möchten, müssen die Media Broadcast und die DFMG gezwungen werden können, den Platz zugunsten der neuen Infrastruktur zu räumen. Das wäre Wettbewerb. Alles andere ist ein wettbewerbsverhinderndes Verhalten zweier Monopolisten.
Die wesentlichen Player auf dem Markt der Sendernetze wollen laut einer „Frankfurter Erklärung“ auch nach dem Rückzug der Media Broadcast für einen diskriminierungsfreien Zugang zur UKW-Infrastruktur sorgen. Was ist das Ziel?
Es geht um Antennen, Leitungen am Turm und gegebenenfalls die Antennenweiche – es geht nicht um die elektronischen Bauteile, also um die Sender, denn dort soll Wettbewerb mit unterschiedlichen Konzepten herrschen. Es geht also um die passive Infrastruktur, zu der heute jeder Betreiber eines Senders ein von der Bundesnetzagentur garantiertes Zugangsrecht zu den Anlagen der Media Broadcast hat. Die will sich durch den Verkauf dieser Regulierung entledigen. Ob an einzelnen Standorten die Bundesnetzagentur den Zugang wieder gewährleistet, ist im Moment offen. Deshalb die „Frankfurter Erklärung“, in der sich die Beteiligten wechselseitig auch zukünftig und ohne Regulierung der Bundesnetzagentur den diskriminierungsfreien Zugang zur Antenne versprechen. Bei den Entgelten sollen ebenfalls diskriminierungsfrei die von der Bundesnetzagentur angewandten Berechnungsmethoden gelten. Hierrüber reden wir mit dem Bundeskartellamt.
Lohnt es sich angesichts der fortschreitenden Digitalisierung überhaupt noch, sich im Markt der UKW-Sender zu engagieren?
Digitalradio über DAB+ und Internet sind derzeit ein Markt für neue Angebote. Die Verbreitungswege des Hörfunks werden sich fragmentieren. UKW ist nach meiner persönlichen Überzeugung auf Jahre der dominante Hauptvertriebsweg für die Radio-Nutzung. Die von uns unserem Verband unterstützte Smartradio-Initiative sichert, dass dauerhaft UKW und die digitalen Standards in den Empfangsgeräten vorhanden sein werden. Neue Investitionen in die UKW-Sender rechnen sich also auf jeden Fall über eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Zeit.