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Radioveranstalter leiden unter Machtkampf

Deutschlands führender Medienanwalt verteilt Hausaufgaben an Herausforderer und Monopolisten im UKW-Netz

Helmut G. Bauer, Medienanwalt und Gründer der DRD Digitalradio Deutschland GmbH Quelle: Jörg Wangner Helmut G. Bauer Rechtsanwaltskanzlei Helmut G. Bauer 16.08.2016
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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Der Wettstreit um die UKW-Netze und deren Betrieb ist voll entbrannt. Jetzt kritisiert Helmut G. Bauer, Medienanwalt und Gründer der DRD Digitalradio Deutschland, "dass die Auseinandersetzungen zwischen der Media Broadcast und den Wettbewerbern immer wieder auf dem Rücken der Radioveranstalter ausgetragen werden". Was die bisherigen Monopolisten und Herausforderer auf dem UKW-Markt jetzt mühsam lernen müssen, lesen Sie im Interview mit dem Rechtsexperten auf Meinungsbarometer.info.







Der Markt zur Übertragung analoger UKW-Hörfunksignale wurde liberalisiert. Wie ist Ihr Fazit seit Beginn der Liberalisierung?
Wie bei jeder Liberalisierung ist der Anfang schwierig, weil die verschiedenen Parteien erst ihre neue Rolle finden müssen. Die Herausforderer müssen lernen, dass jetzt die Zeit vorbei ist, nur die Liberalisierung zu fordern. Sie müssen jetzt zeigen, dass sie besser und preiswerter als der bisherige Monopolist sind. Der Monopolist muss lernen, seine Leistungen und Preise zu erklären und sein Verhalten gegenüber seinen Kunden verändern.
Bei der Öffnung des UKW-Sendernetzmarktes gelingt dies den Parteien immer besser, auch wenn sich noch keine Normalität eingestellt hat. Ich beobachte leider, dass die Auseinandersetzungen zwischen der Media Broadcast und den Wettbewerbern immer wieder auf dem Rücken der Radioveranstalter ausgetragen und dann sogar Gerichte eingeschaltet werden. Insgesamt wäre es sinnvoll, wenn sich die Beteiligten auf ein fachkundiges Schiedsgericht oder einen Schiedsmann verständigen würden, damit Streitigkeiten schnell und sachkundig entschieden werden können.
Die Liberalisierung könnte aber ins Stocken kommen, weil die Bundesnetzagentur bei einem Wechsel des Netzbetreibers ein neues Verfahren für die Frequenzzuteilung startet und dabei zum Teil auch die frequenzbestimmenden Merkmale verändert werden. Damit kann es insbesondere bei Überstrahlungen zu Einschränkungen bei der technischen Reichweite kommen. Das kann kein Radioveranstalter akzeptieren. Hat er keine Sicherheit, dass bei einem Wechsel das Sendegebiet unverändert bleibt, wird er keinen Wechsel wagen. Dieses Verhalten der BNetzA steht im Widerspruch zu ihrer Entscheidung zur Liberalisierung des UKW-Sendernetzbetriebes. Hier bedarf es schnell einer Klärung.

Medienberichten zufolge sind bislang nur 15 % des Gesamtmarktvolumens an alternative Sendernetzbetreiber gegangen und es wird sogar mit Abschwächen der Wechselquote gerechnet. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Es war nicht zu erwarten, dass es zu einer Umwälzung im Markt kommen wird. Insoweit sind 15% eine gute Quote. Viele Radioveranstalter warten noch ab, bis die Wettbewerber bewiesen haben, dass sie Sender und Netze aufbauen und störungsfrei betreiben können. Viele haben keinen aktuellen Wechseldruck, weil die Kosten für das Sendernetz in ihrer Kalkulation nicht dominieren, insbesondere wenn sie nur einen oder zwei Standorte angemietet haben. Die erzielbaren Einsparungen und mögliche Leistungsverbesserungen sind überschaubar und lohnen oft den Aufwand nicht. Häufig fehlt auch das Fachpersonal bei den Sendern, um eine solche Entscheidung vorzubereiten und zu begleiten.
Ich erwarte, dass nach einer gewissen Beobachtungsphase viele Radioveranstalter prüfen werden, ob sich ein Umstieg lohnt und ob dieser ohne Störungen des Sendebetriebs realisiert werden kann. Diese Phase wird aber auch die Media Broadcast nutzen, um ihr Leistungsangebot zu verändern. Dann kommt in einer zweiten Phase der gewünschte Wettbewerb erst richtig in Gang.

Der Entwurf zur einschlägigen Regulierungsverfügung sieht vor, die Übertragung analoger UKW-Hörfunksignale wieder „ex post“ zu regulieren. Dadurch wären Preise anzeige- aber nicht mehr genehmigungspflichtig. Wie bewerten Sie das?
Ich bin sehr unsicher, ob jetzt schon der richtige Zeitpunkt für eine Änderung ist. Noch immer fehlt eine Entscheidung der Kartellbehörde über die Senderstandorte der Deutschen Funkturm GmbH. Diese Kosten bestimmen wesentlich die Senderkosten. Um ein ständiges Hin und Her zu vermeiden und Klarheit über die Kosten zu erhalten, wäre es sinnvoll, erst neu zu entscheiden, wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen. Ziel muss es sein, schnellstens zu einem offenen Wettbewerb zu kommen, bei dem jeder ohne Beschränkung seine Preise und Leistungen mit seinen Kunden vereinbaren kann.
Im Hinblick auf die Diskussion über die Strukturreform der ARD sollte man auch die Frage diskutieren, ob die ARD auch in Zukunft noch ihr eignes Sendernetz betreiben muss. MDR, Deutschlandradio und das ZDF zeigen, dass man Hörfunk und Fernsehen auch verbreiten kann, wenn man das Netz anmietet. Die "Privatisierung der ARD-Sendernetzes" wäre der wichtigste Schritt für eine Marktöffnung und einen funktionierenden Wettbewerb im Sendernetzbetrieb.

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