Weltweit werden Archive digitalisiert. Welche Vorteile haben digitale Archive für Anwender und Nutzer?
Ein großer Vorteil liegt in der Möglichkeit, digitale Archivalien ortsungebunden zu nutzen. So kann der Nutzer der digitalen Archivalien bequem von zu Hause mit dem Archivgut arbeiten. Funktionen wie Zoomen, beispielsweise für die Entzifferung paläographisch anspruchsvoller Schriftbilder, sind ebenfalls vorteilhaft. Durch die digitale Nutzung werden zudem die Originale geschont.
Welche Datenträger und -formate sollten zur Archivierung genutzt werden? Und warum?
Wir digitalisieren in TIFF und wandeln anschließend die Images zur Langzeitsicherung in JPEG2 um. Letzteres dient schon lange als Langzeitspeicherformat für Bilddaten, beispielsweise in der Vermessungsverwaltung, und verdrängt auch im Archiv- und Bibliotheksbereich zunehmend TIFF in der Langzeitspeicherung von Bilddaten. Zur Kostenersparnis (Speicherplatz!) werden - soweit vertraglich zulässig - die Images mit einer Kompressionsrate von 2.0 in JPEG 2000 gewandelt, d. h. bei einer verlustfreien Kompression in JPEG2000 haben wir eine Speicherersparnis von 50 % des TIF-Ausgangsformats, bei einer verlustbehafteten eine Speicherersparnis von Dreiviertel und mehr des TIF-Ausgangsformats. Mit bloßem Auge sind die Folgen einer verlustbehafteten Kompression mit der Komprimierungsrate von 2.0 praktisch nicht erkennbar. Der große Vorteil der Langzeitspeicherung in JPEG2000 gegenüber TIFF und PNG liegen in der erheblichen Speicherplatzersparnis - auch bei einer verlustfreien Kompression - sowie in der Fehlertoleranz beim Ausfall ganzer Speicherblöcke im Rahmen der Datenübertragung. Da es keine langzeitfähigen Speichermedien gibt, setzen wir wie andere Verwaltungen auch auf redundate Festplattensysteme (RAID, künftig evtl. HCP) mit zusätzlicher Sicherung auf dem wartungsarmen Magnetband.
Welche Maßnahmen werden ergriffen, um eine technische Abnutzung von gespeicherten Daten zu vermeiden?
Die Daten werden regelmäßig refreshed / umkopiert und die Datenträger darunter kontinuierlich ausgetauscht. Prüfsummen stellen dabei sicher, dass keine Bits verloren gegangen sind. Zugleich wird ein sogen Preservation Planning betrieben, um die Lesbarkeit des Langzeitspeicherformats zu beobachten. Zu jeder digitaliserten Archivalie wird im Digitalisatspeicher auch ein maschinenlesbares XML abgelegt, das neben den wichtigsten archivfachlichen auch die zentralen technischen Parameter der Images enthält. Über letztere können dann werkzeuggestützte Erhaltungsmaßnahmen angestoßen werden.
Wie sollten die digitalisierten Daten zugänglich gemacht werden?
Unter Berücksichtigung der rechtlichen Voraussetzungen sollten, die Digitalisate möglichst auf großen Plattformen wie dem Archivportal-D, der Deutschen digitalen Bibliothek oder monasterium.net eingestellt werden. Zusätzlich besteht eine Zugriffsmöglichkeit auf der institutseigenen Homepage.
Können und sollten digitale Archive die klassischen analogen Archive künftig vollends ersetzen?
Bei digitalen Unterlagen („born digitals“) stellt sich diese Frage nicht. Vorhandene analoge Archivalien sollen nach heutigem Kenntnisstand keineswegs nach der Digitalisierung vernichtet werden. Neben Fragen der Langlebigkeit des die Informationen tragenden Mediums – Pergament erhält sich unter den richtigen Bedingungen erwiesenermaßen mindestens 1200 Jahre! – kommt den Originalen ein erheblicher innerer Wert zu, wie Beschreibstoffe, verwendete Tinte, Bearbeitungsspuren, Geruch oder fühlbare Eigenschaften usw. Allenfalls bei konservatorisch sehr angegriffenen, nicht mehr behandelbaren Materialien oder ohnehin dem Papierzerfall ausgesetzten Unterlagen kann eine komplette Ersatzdigitalisierung erwogen werden. Nicht zuletzt handelt es sich bei den Originalen um einmaliges Kulturgut!