Einige Großstädte erwägen Einschränkungen für bestimmte Diesel-Autos. Hat die Motortechnik noch eine Zukunft?
Dieselfahrzeuge können sauber sein. Messungen zeigen, dass einzelne aktuelle Dieselmodelle den Euro 6-Grenzwert für Stickoxide auch im Alltagsbetrieb auf der Straße einhalten. Die dafür notwendige Abgasnachbehandlung mit SCR-Katalysator und Harnstoffeinspritzung (AdBlue) ist technisch aufwändig und macht den Diesel teurer. Daher wird er bei kleineren Fahrzeugen bald keine Rolle mehr spielen. Neben den Schadstoffemissionen müssen Hersteller auch den Verbrauch und die korrespondierenden CO2-Emissionen im Blick haben. Die EU setzt hier ebenfalls Grenzwerte. Darüber hinaus muss auch der Verkehr bis 2050 klimaneutral sein, sollen die Klimaziele erreicht werden. Elektroautos sind hierfür ein wichtiger Baustein. Die Produktionskosten für Elektrofahrzeuge werden schon in wenigen Jahren auf das Niveau von Dieseln sinken. Daher stellt sich für Hersteller zunehmend auch unter Kostenaspekten die Frage, in welche Antriebstechnologie sie investieren sollen, um den CO2-Vorgaben gerecht zu werden. Weltweit spielt die Dieseltechnologie für Pkw außer in Europa so gut wie keine Rolle und wird derzeit vor allem in China die Entwicklung pro Elektroauto entschieden.
Insbesondere LKW fahren besonders häufig mit Diesel. Wie können Diesel-Verbote oder ähnliche Einschränkungen die erhofften Effekte erzielen, ohne die Versorgung zu gefährden?
Diesel-Pkw sind mit über 70 Prozent die klaren Verursacher zu hoher Stickstoffdioxidbelastung in Städten. Entsprechend müssen Maßnahmen vor allem hier ansetzen. Lkw und Busse haben mit 19 bzw. 4 % einen deutlich geringeren Anteil (Quelle: https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/stickoxid-belastung-durch-diesel-pkw-noch-hoeher). Darüber hinaus sind neue Nutzfahrzeuge im Gegensatz zu neuen Diesel-Pkw aufgrund strengerer Abgasvorschriften auch im Realbetrieb sauber. Die entsprechende Euro-Norm 6 für Lkw gilt bereits seit 2014. Dennoch müssen auch die Emissionen älterer Fahrzeuge sinken. Anders als bei Pkw gibt es für Lkw und Busse bereits bewährte Nachrüstlösungen für die Stickoxidminderung. Verkehrsunternehmen, wie z.B. die Berliner Verkehrsbetriebe, rüsten kontinuierlich ältere Fahrzeuge nach. Wie schon bisher bei Umweltzonen, wird es auch für das Gewerbe spezielle Übergangsfristen und Ausnahmegenehmigungen geben.
Warum wird Diesel-Kraftstoff an der Tankstelle trotz der erwogenen Einschränkungen immer noch steuerlich begünstigt? Ggf: sollte das geändert werden?
Ursprünglich war die niedrige Dieselsteuer für das Speditionsgewerbe und Verkehrsunternehmen eingeführt worden. Bei Pkw spielte der Diesel lange nur eine untergeordnete Rolle. Dies hat sich aber seit den 1990er Jahren grundlegend geändert, nachdem in der Kohl-Ära die Schere zwischen Diesel und Benzinsteuer immer weiter wuchs. Diesmal mit der Begründung, deutsche Spediteure vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Die deutsche Autoindustrie setzte einseitig auf den Diesel. Inzwischen ist nahezu jeder zweite in Deutschland neu verkaufte Pkw ein Diesel. Das Steuerprivileg für den Kraftstoff anzutasten, hat sich bisher keine Bundesregierung getraut. So profitieren vor allem Vielfahrer trotz höherer Kfz-Steuer für Diesel-Pkw von deutlich geringeren Betriebskosten. Dabei gehört die steuerliche Begünstigung schon alleine aus Umweltsicht abgeschafft. Dieselfahrzeuge verursachen nicht nur höhere Schadstoffemissionen, pro verbrannten Liter produzieren sie auch mehr CO2 als Benziner. Nur mit einer emissionsabhängigen Energiesteuer wird eine Lenkungswirkung zugunsten weniger umweltschädlicher Antriebe erreicht.
Schon die Ankündigungen von Einschränkungen haben dem Absatz von Dieselfahrzeugen geschadet – kann davon das E-Auto profitieren?
In den letzten Monaten hat der Dieselanteil im Vergleich zum Vorjahr abgenommen. In erster Linie davon profitiert haben Benziner und Fahrzeuge mit Hybridantrieb. Elektrofahrzeuge kommen zwar auch vermehrt auf die Straße, allerdings nach wie vor auf niedrigem Niveau. Trotz Kaufprämie hemmen nach wie vor hohe Anschaffungskosten, eine vermeintlich zu geringe Reichweite sowie fehlende Ladesäulen eine stärkere Marktdurchdringung. Niedrige Spritpreise wirken extrem kontraproduktiv.