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TLM fordert Bundesmittel für DAB+ Umstieg

Wie den Privatradios der Wechsel zu Digitalradio erleichtert wird

Jochen Fasco, Direktor der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) Quelle: TLM Jochen Fasco Direktor Thüringer Landesmedienanstalt 15.02.2017
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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Die Thüringer Landesmedienanstalt (TLM) fordert eine baldige Entscheidung zur Finanzierung von UKW und DAB+. Denn der analog-digitale Simulcastbetrieb ist teuer und von vielen Privatradios nicht zu stemmen. Jetzt spricht der Direktor der TLM, Jochen Fasco, darüber, wie ein Migrationsprozess funktionieren könnte und warum den privaten Radiomachern dabei Erlöse aus der Frequenzversteigerung des Bundes helfen könnten.







Die TLM fordert eine baldige Entscheidung zur Finanzierung von UKW und DAB+. Was steckt hinter Ihrer Forderung?
Grundsätzlich sollte man mit Blick auf freie, unabhängige Medien das Instrument öffentlicher Förderungen sehr zurückhaltend nutzen. Das wird auch in aller Regel bei den Veranstaltern selbst so gesehen, die Kritik an ihrer journalistischen Unabhängigkeit nicht durch vielleicht sogar staatliche Förderungen Nahrung geben wollen. Es kann jedoch Situationen geben, wo dieser Grundsatz zu hinterfragen ist, insbesondere, wenn dies die Veranstalter selbst fordern und Transparenz und Staatsferne gesichert sind.
Um nicht missverstanden zu werden: ich spreche mich keinesfalls für eine UKW-Förderung aus. Aber nicht wenige Experten im Hörfunkbereich sind der Meinung, dass an der Digitalisierung und dem Übergang von UKW zu DAB+ kein Weg mehr vorbei führt, insbesondere mit Blick auf die massive Entwicklung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dort ist die Finanzierung durch die Entscheidungen der KEF und die Billigung durch die Politik gesichert. Das gilt jedoch nicht für die privaten Sender. Für die wird ein langer Parallelbetrieb sehr kostenintensiv werden. Daher warten z. B. die Thüringer Veranstalter noch ab. Ein Übergang sollte sich daher in einem zeitlich begrenzten Rahmen vollziehen. Schließlich gibt auch die KEF den ARD-Anstalten Übergangszeiträume vor und bemängelt die parallelen Senderkosten für UKW- und DAB-Netze.
Mein Vorschlag geht dahin, z. B. Teile aus den Erlösen der Versteigerung von Rundfunkfrequenzen für den Ausbau von DAB+ zu verwenden. Selbstverständlich würden wir einen marktgetriebenen Übergang präferieren, der gleichzeitig ein vielfältiges digitales Hörfunkangebot der Privaten garantiert.

Wie könnte nach Ihrer Einschätzung ein intelligenter Migrationsprozess von UKW zu DAB+ aussehen? Oder brauchen wir wie in Norwegen einfach einen ganz klaren Schnitt, heißt Abschalttermin ohne Simulcast?
Es existieren in Deutschland bereits Masterpläne der Landesmedienanstalten und der ARD, die allerdings nahezu identisch sind. Vorgesehen sind dabei der Ausbau der Netze und der Programmangebote sowie die Abschaltung von UKW, wenn eine gewisse DAB-Marktdurchdringung erreicht ist. Die Hoffnung auf eine schnelle politische Entscheidung in Deutschland sollte man nicht aufgeben. Ich denke, dass wir insgesamt dennoch aber auf einem guten Weg sind, da sich die Landesmedienanstalten, die ARD und das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur permanent abstimmen. Wir müssen allerdings auch erkennen, dass bis dato und wohl auch noch eine ganze Zeit lang durch die UKW-Frequenzen immer noch gutes Geld verdient wird, so dass manche Gesellschafter die Entwicklung hin zu DAB+ eher kritisch sehen.

Welche Forderungen haben Sie an die Bundespolitik in Bezug auf den ordnungspolitischen Rahmen für eine Digitalisierung des Radios?
In der Zuständigkeit des Bundes liegen die Bereitstellung von Frequenzen und die Standardisierung von Geräten. Gerade bei den Geräten würde ich künftig den verbindlichen Einbau des Multinorm-Chips befürworten, damit die Geräte auch für die DAB+-Welt vorbereitet sind. Für den zweiten bundesweiten privaten Multiplex ist die Nutzung einer einheitlichen Frequenz vorgesehen. Die ist aber noch nicht überall verfügbar. Es geht also vordergründig nicht um die Knappheit der Frequenzen, sondern um den effizienten Einsatz von Ressourcen und um möglichst niedrige Netzkosten. Wichtig ist darüber hinaus sicherzustellen, dass alle neuen Radios und Handys auch DAB+ empfangen können.

Wie sehen die Perspektiven aktuell für den privaten Rundfunk in Thüringen aus, auch in Bezug auf ein mögliches DAB+ Engagement der beiden großen Privatradios?
Hinsichtlich der technischen Planung sind wir schon sehr weit, nicht aber bei den Finanzierungsfragen. Die bereits angesprochene Verwendung der Erlöse aus der Frequenzversteigerung oder andere Formen der Unterstützung wäre darum eine mögliche Perspektive.

Welche Fördermöglichkeiten hat ggf. die TLM für den Übergang zu DAB+? Was halten Sie zudem vom bayerischen Modellvorschlag gemeinsamer Digitalradio-Multiplexen von öffentlich-rechtlichen und privaten Programmveranstaltern?
In den Anfängen von DAB hat die TLM nicht unerhebliche Fördermittel für DAB eingesetzt und damit geholfen, diese neue Technologie auf den Weg zu bringen. Die Beteiligung an den Übertragungskosten war degressiv und zeitlich befristet. Die Fördermöglichkeiten der TLM sind darüber hinaus äußerst begrenzt. Das hat auch damit zu tun, dass wesentliche Teile unserer Mittel bereits bei der Finanzierung der Thüringer Bürgerradios gebunden sind. Übrigens bietet uns der MDR auf Initiative der TLM hin auch einen Programmplatz in seinem Multiplex an. Ein einzelner Programmplatz reicht jedoch nicht. Unsere Veranstalter benötigen mehr Kapazitäten für die Regionalisierung, die gesetzlich vorgegeben ist. Insofern unterscheiden sich unsere Bedingungen erheblich von denen in Bayern.

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