Der DSLV schlägt Alarm: In der deutschen Logistikbranche fehlen zehntausende Fahrzeugführer. Wie dramatisch ist die Lage bei Ihnen?
Der Fahrermangel trifft die gesamte Logistikbranche. Jährlich gehen ca. 45.000 Fahrer in den Ruhestand. Dem gegenüber stehen lediglich 10.000 neue Fahrer, die eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer (BKF) aufnehmen bzw. neu in den Markt eintreten. Als Reaktion auf den Fahrermangel melden viele Transportunternehmer ihre Fahrzeuge ab. Der Regionalverkehr ist übermäßig stark betroffen, denn hier sind die Anforderungen an die Fahrer besonders groß: Hohe Stopp-Zahlen und Rampenkontakte gepaart mit Infrastrukturherausforderungen wie Baustellen, Zufahrtsrestriktionen und Staus erschweren die Arbeitsbedingungen. Aber auch im Fernverkehr und Direct Load Geschäft sieht sich die Branche mit dem Thema Fachkräftemangel konfrontiert. Wir begegnen diesem mit verschiedenen Maßnahmen, wie zum Beispiel dem konsequenten Aufbau von Festcharter Laderaum zur Sicherung von Transportkapazitäten sowie einem Programm zur Transportunternehmer- und Fahrerbindung.
Durch den Fahrermangel steigt das Lohnniveau – welche Auswirkungen hat das Ihrer Ansicht nach auf den Preis von Waren?
Die Logistikbranche wird nicht zuletzt auch durch das steigende Lohnniveau mit erhöhten Kosten konfrontiert sein. Trotz interner Effizienzsteigerungen durch Prozessoptimierungen- und der Ausweitung von Digitalisierungsprozessen wird es zweifelsohne branchenweit zu Preiserhöhungen für Logistikleistungen kommen. Die Frage, wie sich dies letztendlich auf den Preis von Waren auswirken wird, hat dann aber der Handel zu beantworten.
Weltweit werden derzeit Lösungen mit Autopiloten oder autonom fahrenden Kraftwagen entwickelt. Welche Auswirkungen könnte das mittel- und langfristig auf den Fachkräftemarkt in der Branche haben?
Die Entwicklungen im Bereich der LKW-Assistenzsysteme begrüßen wir außerordentlich, da sie unter anderem zu einer erhöhten Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer führen. Insbesondere die Bremsassistenten und Abstandsregeltempomaten sind hier zu nennen. Das teil-autonome oder autonome Fahrzeug wird den Fachkräftemangel aber nur in sehr geringem Maße kompensieren können. Denn trotz dieser technischen Neuerungen muss der Fahrer in der Lage sein, jederzeit aktiv die Steuerung des LKW übernehmen zu können. Autopiloten sind vor diesem Hintergrund als Ergänzung zum menschlichen Fahrer zu sehen, nicht aber als ein Ersatz. Eine zukunftsweisende Entwicklung, die auch eine Antwort auf den Fahrermangel bieten kann, ist darüber hinaus das häufig genannte Platooning – d.h. Fahrzeuge, die im Verbund fahren. Wir fragen uns aber, wie dies realisiert werden soll, wenn sich die Bundesregierung immer noch schwer damit tut, den Lang-LKW mit 25,25 m Gesamtlänge auf deutschen Autobahnen flächendeckend einzusetzen. Hier gibt es nach wie vor aufgrund des föderalen Systems in Deutschland keine einheitliche Regelung. Vor dem Hintergrund, dass wir die Lang-LKW schon nicht auf die Strecke bekommen, bleibt abzuwarten, inwieweit sich das Platooning durchsetzen kann.
Ein Grund für den Fahrermangel sind die schwierigen Arbeitsbedingungen der Fahrer – etwa wegen mangelnder Parkplätze an Autobahnen. Was würden Sie sich diesbezüglich von der Politik wünschen?
Der Ausbau der Infrastruktur muß zügig vorangetrieben werden. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang die Sanierung und der Ausbau der Bundesautobahnen und Rastanlagen mit ausreichendem Parkraum. Die Stausituationen auf nahezu allen Bundesautobahnen und der sich damit permanent erhöhende Zeitdruck auf die Fahrer entmutigt die letzten Enthusiasten dieser Berufsgruppegruppe. Eine Förderung im Bereich der Ausbildung zum Berufskraftfahrer wäre sehr wünschenswert, denn eins ist sicher: Das Transportvolumen wird weiter steigen und der Fachkräftemangel ist schon heute für die Logistikbranche eine echte Herausforderung.
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