Der Streaming-Anbieter Spotify hat bei der letzten ma IP Audio sehr gute Ergebnisse erzielt und führt die Online-Audio-Angebote deutlich an. Nähert sich das Ende des linearen Radios?
Keineswegs! Radio wird es noch lange geben. Kompetente Redaktionen, lebendige Programme mit bester Musik und kluger Moderation, Orientierungshilfen in Lebensfragen, die unterhaltsame Vermittlung von Wissen und Bildung. Radio gehört zum Alltag vieler Menschen. Heute und auch in Zukunft.
Das ist nicht allein meine Ansicht, das spiegeln auch die Umfragen. So hat eine aktuelle Studie, die von radioplayer.de mit beauftragt wurde ergeben, dass 84% der Befragten in Deutschland „meistens“ oder „immer“ Radio beim Autofahren hören. Jeder zweite Bundesbürger hört wochentags einen Sender aus dem ARD-Verbund. Und auch in Großbritannien, wo Digitalradio/DAB+ sich schon weit durchgesetzt haben, hören 82% aller Befragten weiter Live-Radio.
Gerade heute, in einer Zeit großer Umbrüche und großer Herausforderungen, vor denen unser Land, unsere Demokratie und damit auch die Medien stehen, halte ich einen öffentlich-rechtlichen Hörfunk, in dem Information, Lebenswirklichkeit, Meinungsbildung und ein Wertefundament ihren selbstverständlichen Platz haben, für unverzichtbar. Das kann kein Online-Audio-Angebot leisten.
Die Zahlen für Spotify aus der ma IP Audio sind relativ neu und wurden schnell erfasst. Nicht alle Fragen zur Messmethodik scheinen mir ausreichend beantwortet zu sein. Die Zahlen ergeben ein ungenaues Bild. Man kann daraus keine Rückschlüsse auf das tatsächliche Hörerverhalten ziehen.
Die Spotify-Zahlen zeigen eben nicht, wie lange ein Hörer sein Lieblingsprogramm wirklich verfolgt. Das wiederum interessiert aber die Radioverantwortlichen und natürlich auch die werbetreibende Wirtschaft.
Wie stellen sich die ARD-Radiomarken angesichts der wachsenden Marktmacht neuer Audio-Onlinedienste für die Zukunft auf?
Wir sollten als Radiomacher die Audio-Onlinedienste auf keinen Fall unterschätzen. Aber wir sollten sie auch nicht überbewerten.
Wir werden das stärken, was wir selbst am besten können. Mit wir meine ich ausdrücklich nicht nur die Hörfunkwellen der ARD und des Deutschlandradios, sondern auch die Programme der Privaten. Radio bedeutet Nähe, bedeutet Vertrautheit. Es ist tief in den Regionen unseres Landes verwurzelt und übrigens auch dort mit Informationen zur Stelle und zu hören, wo es schon lange keine Zeitung aus der unmittelbaren Heimat mehr gibt. Radio ist ein vertrauter Begleiter und ist zudem von der Bedienung her völlig unkompliziert. In Deutschland schalten über drei Viertel der Bevölkerung (ab 10 Jahre) wochentags Radio ein und bleiben im Schnitt vier Stunden dabei.
Radio ist außerdem schon lange nicht mehr nur linear. Jedes Programm hat seine Homepage. Mit Podcast-Angeboten, Playlists, Chats, Videos und vielem mehr. Und kein Radioprogramm kann heute mehr ohne Apps auskommen, die mobil überall verfügbar sind. Im Digitalradio findet man visualisierte Zusatzdienste auf den Displays der Radios wie Wetter, präzise Verkehrsinfos, Kurznachrichten, Albumcover und vieles mehr.
Radio ist in der multimedialen Welt schon lange angekommen.
Haben sich vor diesem Hintergrund die bisherige Beteiligung und die getätigten Investitionen an der Plattform Radioplayer gelohnt?
Eindeutig ja. Das schließt nicht aus, dass ich mir bei den Abrufzahlen noch mehr Zuspruch erhoffe. Beim Radioplayer präsentieren sich Private und öffentlich-rechtliche Programme gemeinsam und haben so einmal mehr die Weichen für eine mobile und digitale Entwicklung gestellt. Radio zeigt hier gemeinsam Verantwortung für die eigene Zukunft.
Der Radioplayer ist aber auch eine Bündelung aller beliebten und bekannten Radiomarken aus Deutschland. Mit den Stärken des Radios, mit unserer großen Vielfalt und einer breiten regionalen Ausrichtung können wir allemal gegen Streamingdienste bestehen.
Werden die ARD-Angebote auch nach Ablauf der auf ein Jahr befristeten Teilnahme über den Radioplayer weiter verbreitet?
Die Einführung des Radioplayers ist gelungen und er wird gut angenommen. Wir sammeln Erfahrungen und machen uns Gedanken, was wir noch verbessern können. Nach einem Jahr sollte man dieses Pflänzchen frohgemut sich entwickeln lassen.