Autonom fahrende Bodenfahrzeuge und Drohnen gehören längst zur Realität bei der digitalen Mobilität. Doch nun bringen große Marktplayer auch autonom und senkrecht startende Flugmobile für die städtische Urbanität ins Spiel. Verkehrswissenschaftler Prof. Dr.-Ing. Hartmut Fricke von der TU Dresden sieht die Geburt eines neuartigen Verkehrsträgers aufziehen - eines Hybrids aus neuer Transporttechnologie - kommerziellem Fliegen in niedrigen, bodennahen Flughöhen auf neuen Routen und neuer Funktionalität. "Anders als die Elektromobilität auf der Straße müssen diese Fahr- und Flugzeuge nicht in Konkurrenz zu bestehender Technologie ihren Marktzugang finden", erklärt Fricke. Sie profitierten von additiven, völlig neuen Geschäftsmodellen. Ihre Entwicklung sei durch den Markt getrieben, nicht durch die Politik. „Insofern erleben wir nicht die Geburtsstunde des „privaten“ Luftverkehrs, sondern jene einer neuen kommerziellen Verkehrsart.“
Prof. Rolf Henke aus dem DLR-Vorstand sieht im Anbetracht der nationalen wie internationalen Gesetzgebung Flugmobile noch als Utopien. „Sie führen aber dazu, dass wir uns weitergehende Fragen stellen müssen: wie sieht ein "City-ATM (Air Traffic Management)" aus, wie müssen Schwärme operieren, wie wird jede einzelne Mission abgesichert, etc. - ganz abgesehen von den Zulassungsvorschriften selbst, die es hierfür ja noch gar nicht gibt.“ Das DLR arbeitet nach Henkes Aussagen im zivilen Bereich sowohl an unbemannten Vehikeln als auch an operationellen sowie logistischen Themen. Technisch seien Flugmobile einfach zu entwickeln und zu bauen, die operationellen sowie rechtlichen Fragestellungen seien aktuell limitierend.
Bestsellerautor und Zukunftsexperte Andreas Eschbach ist insgesamt eher skeptisch. „Zehntausende von fliegenden Autos, die gleichzeitig in einem winzigen Luftraum unterwegs sind? Das mag in einem Film wie »Das fünfte Element« cool aussehen, aber was muss man rauchen, um sich das allen Ernstes für seinen Alltag zu wünschen?“, fragt der Schriftsteller. Es werde bestimmt ein paar Flugmobile für ein paar gehetzte Reichsäcke und Wichtigheimer geben, die heute schon Hubschrauber benutzen. Als Perspektive des autonomen Verkehrs für die breite Bevölkerung hält der Schriftsteller fliegende Autos hingegen für ausgesprochene Spinnerei. „Nicht zuletzt, weil die besagten Reichsäcke und Wichtigheimer schön blöd wären, den Luftraum, der ihnen jetzt noch ein exklusives Vorankommen ermöglicht, für den Plebs freizugeben und nachher selber rettungslos im Stau zu schweben.“
Eschbach bringt ein weiteres Problem als Argument vor: „Ein fahrendes Auto kann, wenn es eine Panne hat oder in einen Unfall verwickelt wird, rechts ranfahren, um die Sache in Ruhe zu klären. Was aber macht ein fliegendes Auto?“ Im schlimmsten Fall stürze es ab. Flugmobile, die Lasten transportieren, könnten diese verlieren, von betagteren Flugmobilen können Teile abfallen. Schließlich erzeuge Flugverkehr ungleich mehr Krach als fahrender Verkehr. „Eine Stadt voller Flugmobile wäre eine Stadt voller Schwerhöriger.“
Mit Blick auf sogenannte autonome Flugsystemen (UAS) sagt Verkehrswissenschaftler Fricke, in der Forschung beschäftigt man sich „bereits umfänglich mit der Frage entsprechender Sicherheitsbewertungen, die letztlich die Frage nach der Haftung im Schadensfall beantworten soll.“ All das werde noch ein paar Jahre, aber sicher kein Jahrzehnt mehr brauchen. In Dubai gebe erste Air Taxis. Zugleich sieht er aktuell „keine Verdrängungsansätze bestehender Verkehrsträger“.