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Wechsel zu DAB+ wird für Autofahrer bald akut

Steffen Lang von Hirschmann Car Communication über die aktuellen Trends im Car Entertainment

Steffen Lang, Leiter Produkt Management bei der Hirschmann Car Communication GmbH Quelle: Hirschmann Car Communication GmbH Steffen Lang Leiter Produkt Management Hirschmann Car Communication GmbH 03.08.2017
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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Beim Radio sind wir Deutschen noch voll im Hybrid-Zeitalter. Das heißt, Radio wird sowohl über die analogen Modulationsverfahren AM/FM als auch über DAB+ verbreitet. Ein ursprünglich für 2010 geplanter Termin zur UKW Abschaltung wurde nicht umgesetzt und ein neues Datum steht derzeit noch nicht fest. Andere europäische Länder sind da weiter: Norwegen beispielsweise hat in diesem Jahr mit dem Ausstieg aus der analogen Radiotechnik UKW begonnen. Prinzipiell ist DAB+ auch in Deutschland bereits nahezu flächendeckend empfangbar. Das Problem ist: Nur die wenigsten Nutzer verfügen über ein entsprechendes Endgerät. Das gilt für das heimische Wohnzimmer genauso wie für das eigene Fahrzeug. Denn noch gehört ein digitaler Radioempfänger nach dem DAB+-Standard beim Autoneukauf meist nicht zur Serienausstattung. Auch wenn die Analogabschaltung nicht unmittelbar bevorsteht, müssen sich Autofahrer bereits heute mit dem DAB+-Standard auseinandersetzen, um einen nahtlosen Übergang sicherzustellen. Spätestens in der Lebensdauer der kommenden Fahrzeuggeneration wird der Wechsel nämlich akut. Wer dann nicht nur Rauschen im Radio hören will, sollte bereits bei der Fahrzeugbestellung auf einen digitalen Radioempfänger achten.

Die Vorteile von DAB+
DAB+ ist ein digitales Übertragungsverfahren. Das bedeutet zunächst, dass das klassische „Radiorauschen“ der Vergangenheit angehört. Denn beim digitalen Empfang gibt es grundsätzlich nur zwei Zustände: Guter Empfang mit perfekter Audioqualität oder Stummschaltung. Für Sender, die auch auf UKW verfügbar sind, erfolgt in der Regel eine automatische Umschaltung, sodass auch weitergehört werden kann, wenn der digitale Empfang einmal abbrechen sollte.

Darüber hinaus arbeitet DAB mit sogenannten Multiplexen, bei denen auf einer Frequenz mehrere Programme übertragen werden und somit ein umfangreicheres Programmangebot zu Verfügung steht. Zudem ist DAB als Gleichwellennetzwerk (Englisch: Single Frequency Network) konzipiert, was den Wechsel zwischen den Sendegebieten vereinfacht. In Deutschland gibt es einen Multiplex der bundesweit ausgestrahlt wird, der sogenannte „Bundesmux“ mit derzeit 13 Programmen. Damit sind unter anderem die Sender Deutschlandfunk oder Schlagerparadies auf längeren Strecken ununterbrochen und auf derselben Frequenz verfügbar.

Außerdem kann DAB+ nicht nur Audiosignale, sondern auch andere Daten übertragen. Das ermöglicht Autofahrern die Nutzung von multimedialen Zusatzdiensten: Das Verkehrs- und Reiseinformationssystem TPEG (Transport Expert Protocol Group) liefert beispielsweise präzise und schnelle Daten zur aktuellen Verkehrslage, Gefahrenmeldungen und weitere verkehrsrelevante Informationen. Über die Slideshow bzw. den Electronic Program Guide (EPG) werden zudem zusätzliche Programm- und Serviceinformationen in Form von Texten oder Bildern übertragen.

Das kommt auf die Antennenhersteller zu
Die Übertragung von DAB+ erfolgt im VHF-Band III, also dem Frequenzbereich von 175 bis 239 MHz. Das L-Band spielt keine Rolle mehr und wird aktuell von keinem OEM mehr nachgefragt. Dadurch vereinfacht sich der Aufbau des Antennensystems im Fahrzeug. Grundsätzlich muss eine DAB+ Antenne im Vergleich zu UKW Antennen (88 bis 108 MHz) einen etwa doppelt so hohen Frequenzbereich empfangen können. Es sind also andere Antennen-Strukturen notwendig, um den DAB+ Empfang zu ermöglichen, z. B. in der Heckscheibe. Wenn es zu einer Abschaltung des analogen Rundfunks kommt, kann das die Automobilhersteller vor technische Herausforderungen in der Nachrüstung stellen, etwa im Hinblick auf die Platzierung neuer Antennen sowie die notwendige Verkabelung. Wir empfehlen, die DAB+ Antenne schon heute zu berücksichtigen, auch wenn der Kunde die DAB+ Option nicht bestellt.

Die Aufgaben für Fahrzeughersteller und Zulieferer
Ganz aktuell steht natürlich die Abschaltung von UKW in Norwegen an erster Stelle. Übrigens wird der gleiche Schritt in der Schweiz für das Jahr 2020 angedacht. Hirschmann Car Communication wurde bereits konkret nach DAB+ Nachrüstlösungen gefragt. Die Schwierigkeit hierbei besteht darin, sowohl bezahlbare als auch optisch ansprechende Lösungen zu finden. Wenn sich das DAB+ Radio nahtlos in das vorhandene Infotainmentsystem einfügen und über die vorhandenen Bedienelemente gesteuert werden soll, bedeutet das immer einen hohen Aufwand auf Seiten der Zulieferer. Denn oftmals müssen gleich mehrere Ausrüster ihre Bauteile verändern oder neu entwickeln. Hinzu kommen die Installationskosten in der Werkstatt. Das wird dann für den Endkunden schnell teuer. Günstiger sind Lösungen aus dem Elektronikfachmarkt, die allerdings gerade bei Fahrzeugen der Oberklasse nicht unbedingt mit deren Design harmonieren.

Grundsätzlich erwarten Automobilhersteller von Systemlieferanten im Car-Infotainment-Bereich Empfangslösungen mit einer hohen Integrationsdichte, die für alle globalen Standards funktionieren. Nur durch geringe Entwicklungs- und Fertigungskosten wird es auf Sicht möglich sein, den DAB Empfänger als Standardfeature in Neuwagen anzubieten und so die Verbreitung des Digitalradios zu unterstützen. Aktuell ist DAB+ daher noch eine Zusatzoption, die teuer bezahlt werden muss.

Neue Technologie-Trends im Hinblick auf das Radio beim Car-Infotainment
Gerade im Falle der angesprochenen Herausforderungen gibt es einige interessante Neuentwicklungen auf dem Markt. Ein gutes Beispiel ist das sogenannte Remote Tuner Module. Dabei wird die Empfängertechnologie aus der Head-Unit ausgelagert und in die Nähe der Antenne gerückt. Das bringt gleich mehrere Vorteile mit sich: zum einen die verkürzte Distanz zwischen Empfänger und Antenne, die einen zusätzliche Verstärker überflüssig macht. Zum anderen erfolgt die Signalübertragung innerhalb des Fahrzeugs nicht mehr analog, sondern digital. Das erhöht die Robustheit und führt zu Kostenersparnissen und reduziertem Gewicht, da weniger Verkabelung benötigt wird. Für Automobilhersteller ermöglicht die Lösung ein optimiertes Varianten-Handling, da die Head-Unit unabhängig vom Radio-Standard ist. Egal, ob DAB+ in Europa oder HD Radio in den USA, die Head-Unit bleibt immer die gleiche. Alles, was sich ändert, sind Antennen-Komponenten und der Remote Tuner.

Die Hirschmann Car Communication GmbH mit Sitz in Neckartenzlingen, nahe Stuttgart, ist einer der weltweit führenden Spezialisten für Sende- und Empfangssysteme in der mobilen Kommunikation. Im Geschäftsjahr 2016 erzielten die weltweit mehr als 1.000 Beschäftigten einen Umsatz von 138 Mio. Euro. www.hirschmann-car.com

 

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