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Überfordert die Videoflut die Nutzer?

Wann sich bewegte Bilder als Nachrichtenmedium wirklich lohnen

Sara Maria Manzo, Videochefin bei der NZZ-MEDIENGRUPPE Quelle: NZZ-MEDIENGRUPPE Sara Maria Manzo Videochefin NZZ-MEDIENGRUPPE 15.11.2016
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Schnelle Informationen liefert die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) auch online per Text, "da sie eine der schnellsten Formen der Berichterstattung sind, die man auf dem Smartphone auch in kurzer Zeit konsumieren kann", berichtet Sara Maria Manzo, Videochefin bei der NZZ-MEDIENGRUPPE. Bei der NZZ werden die Darstellungsformen für verschiedene Inhalte und Nutzungssituationen optimiert.







Eine aktuelle Studie aus den USA besagt, dass vor allem jüngere Nutzer Nachrichten im Internet lieber lesen, als im Video zu schauen. Wie sind Ihre Erfahrung von Ihrem Online-Angebot?
Das Ergebnis dieser Studie überrascht nicht wirklich. Wenn etwas in der Schweiz oder in der Welt passiert, dann wollen die Menschen schnelle und prägnante Informationen. Wir müssen unsere Nutzer dann schnellstmöglich aufklären. Das geht am besten mit Texten, da sie eine der schnellsten Formen der Berichterstattung sind, die man auf dem Smartphone auch in kurzer Zeit konsumieren kann.

Bei einem Ereignis, bei dem Videoaufnahmen eine zentrale Rolle spielen, wie bei den Amateurclips zum Terroranschlag in Nizza oder Paris, verhält sich das anders. Dass wollen die User sehen und dazu publizieren wir natürlich auch Videos. Aber wir setzen bei der NZZ nicht grundsätzlich auf reine Nachrichtenfilme. Zudem versuchen wir Doppelungen zu vermeiden: Wenn wir uns für einen Artikel entscheiden, braucht es zu exakt demselben Thema nicht auch noch ein Video. Das würde den User nur verwirren.

Über welche Nachrichten berichten Sie mit welchen medialen Darstellungs-Formen?
Unser Ziel ist, immer das Medium zu wählen, mit dem sich ein Thema am besten erklären und veranschaulichen lässt. Aussagen der amerikanischen Präsidentschaftskandidaten in einer TV-Debatte wollen die User sehen und hören, statt nur darüber zu lesen. Eine umfassende Analyse der bisherigen Außenpolitik der USA hingegen, erklärt sich meist besser mit einem Text. Generell nutzen wir bei der NZZ alle medialen Darstellungsformen – Text, Fotos, Videos, Grafiken – und kombinieren diese auch, wenn es hilft, ein komplexes Thema verständlicher zu machen.

Wie wird sich das Nutzer-Verhalten mit dem zunehmenden Trend zur Mobil-Nutzung Ihrer Ansicht nach ändern?
Wenn Menschen unterwegs sind, haben sie oft weniger Zeit für eine Geschichte und auch ihre Aufmerksamkeit ist meist geringer. Aber mobile Nutzung heißt nicht, dass die Menschen auch immer unterwegs sind, wenn sie auf ihr Smartphone oder Tablet schauen. Viele surfen abends oder am Wochenende auf der Couch. Deshalb wird es darauf ankommen, dem Nutzer das richtige Angebot zur richtigen Zeit zu machen. Die Mischung muss stimmen: morgens beim Aufstehen geht es mehr um den schnellen Überblick zur Nachrichtenlage als um die große Reportage aus Manila. Abends und am Wochenende bleibt Zeit für ausführlichere Hintergrundstücke und längere Videos. Die mobile Nutzung begünstigt nicht unbedingt den Trend zum oft kritisierten Häppchen-Journalismus. Vielmehr wird das Bedürfnis nach Orientierung steigen. Zudem führt der Erfolg der sozialen Netzwerke wie Facebook dazu, dass viele Nutzer nicht mehr nach Informationen bewusst suchen, sondern das konsumieren, was zu ihnen kommt, also durch ihre Timeline läuft.

Werbetreibende setzen bei Online-Werbung vor allem auf Video. Wie verträgt sich das mit dem Bedürfnis der Nutzer nach Text-News?
Wir setzen nicht auf schnelle Nachrichten in Form von Videos. Videos haben bei nzz.ch keine Chronistenpflicht zu erfüllen. Unsere Strategie ist nicht, einfach mehr Videos zu machen, weil sich über Videowerbung mehr Geld verdienen lässt. Unsere Videos ersetzen nicht einfach Texte oder sind im schlimmsten Fall bloße Dubletten. Wir schauen uns genau an, wann sich Video als Medium wirklich lohnt – also nur, wenn sich ein Thema oder eine Geschichte am besten mit bewegten Bildern vermitteln lässt.

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